14 Juli 2025

Kometenhaft 49 - Zombie

Donnerstag 11. August

Donnerstag! Schon wieder. Allerdings muss ich diesen Donnerstag in Schutz nehmen, der Mist passierte gestern. Speziell gestern Abend, weswegen ich keine Zeit hatte, noch etwas zu schreiben.
Der Schock steckt mir teilweise noch immer in den Gliedern, aber ich versuche mal, alles zusammen zu bekommen, was sich seit meinem letzten Eintrag ereignet hat:

Dienstag Abend, oder besser gesagt Nacht, war nicht mehr viel los. Durch die Einladung zum Abendessen von meiner Mutter, waren wir ja schon spät auf den Zug gekommen, und entsprechend spät auch in der WG angekommen. Andrea und Frank waren schon auf dem Weg ins Bett, und wir machten uns auch nicht mehr die Mühe, auszupacken, sondern beeilten uns, auch in die Falle zu kommen. Schließlich mussten Vanessa und ich am nächsten Morgen zur Arbeit.
Aber wenigstens ein kleines Liebesspielchen ließen wir uns nicht nehmen. Erst recht nicht, nachdem wir die Geräusche aus Andreas und Franks Zimmer hörten. Im Bett fanden wir schnell eine Position, in der wir zunächst jede Menge Zärtlichkeiten austauschen konnten. Ich auf dem Rücken unten, und meine zwei Liebsten über mir. Ein wildes Küssen und Aneinanderreiben war nur der Einstig. Bald schon schob sich Vanessa etwas höher, und hielt Mareike und mir ihre Brüste hin. Wir verstanden sofort, und dann wurden ihre zarten rosa Knospen von unseren Zungen und Lippen umspielt. Doch nicht nur das, wir hatten auch beide gleichzeitig die Idee, je eine Hand zu Vanessas Heiligtum zu schicken. Zunächst herrschte etwas Uneinigkeit, aber kurz darauf spielten Mareikes Finger an Vanessas Kitzler, während ich mich um ihre weichen Schamlippen und den Spalt dazwischen kümmerte.

Es dauerte nicht lange, und Vanessa konnte diesem Ansturm kaum noch Stand halten. Sie schob Mareike von mir herunter, neben mich auf den Rücken. Aber nicht, um sich nun über mich her zu machen, nein, sie stürzte sich stattdessen auf Mareike und hauchte mir noch zu: "Nimm mich von hinten, schnell!". Mmmmh, Hündchen, eine meiner Lieblingspositionen. Vanessa und Mareike führten die Kussorgie längst schon fort, als ich mich hinter Vanessa kniete und meine Spitze an ihren Spalt führte. Etwas weiter unten, sah ich, wie sich Vanessas Finger schon an Mareikes feuchtem Döschen betätigten, und dabei die hervorquellende Feuchtigkeit großflächig über den geschwollenen Schamlippen verteilten.
Ein paar Mal strich ich durch Vanessa hindurch, bis genügend Gleitmittel vorhanden war, dann konnte ich mich langsam in ihrem Liebestunnel versenken. Ich dachte nur: "Jetzt bin ich wirklich zu Hause.".
Ich liebe diesen Anblick. Ja, ein schöner Rücken kann wirklich entzücken. Insbesondere, wenn er durch einen straffen, runden Hintern abgeschlossen wird, und man sich an der Hüfte festhalten kann. Und unter Vanessa lugte Mareikes Haarschopf hervor. Ebenso wie ein zweites paar Arme, die an Vanessas Seite und ihrem Rücken entlang strichen. Schließlich schlangen sich Mareikes Arme um Vanessa und zogen sie herunter. Durch die enge Verbindung der Beiden, wurden nun meine Stöße auch auf Mareike übertragen.

Das Seufzen und Stöhnen der Beiden wurde intensiver, bis die ersten Zuckungen durch ihre Körper strömten. Schließlich pulsierte Vanessas Liebeshöhle wild um meinen Schaft. Das gab mir dann auch den Rest und ich stieß mich noch einmal tief in Vanessas bebenden Körper, um meine Ladung tief in ihr zu deponieren.

Verdammt!! Was mache ich hier bloß? Ich schreibe über Sex mit Vanessa und Mareike, während mein bester Freund im Krankenhaus liegt? Haben mich die Allochondrien wahnsinnig gemacht? Besser, ich springe mal ein bisschen weiter. Wie wäre es mit grundsätzlichem zum Mittwoch?

Also, ich kürze hier mal ein bisschen ab, auch wenn ich gerne darüber schreiben würde, wie mich Mareike wieder mal aufgeweckt hat (mit einem sanften Ausritt).
Andrea und Frank brachten uns am Frühstückstisch auf den neuesten Stand, was Xiaoli betraf: am Samstag nahmen sie sie mit auf eine kleine Party bei ein paar Kommilitonen von Andrea. Nichts wildes, einfach nur ein fröhliches Beisammensein. Zuvor hatte Andrea sie noch herausgeputzt. Xiaoli bekam von ihr ein Kleid und obendrauf noch Makeup verpasst. Aber nicht so ein Vamp-Styling, wie damals bei Vanessa, sondern etwas dezenteres, wie sie es nannte, etwas, das die weicheren Gesichtszüge bei Xiaoli, und ihre großen Augen, hervorhob.
So hergerichtet, nahmen sie also Xiaoli mit auf die Party, und stellte sie dort den freien und netten Jungs vor. Laut Andrea war das gar nicht so einfach, da sich Xiaoli sehr zurückhaltend verhielt. Eben so, wie es ihre chinesische Herkunft von ihr verlangte.
Als sie mit allen durch waren, schien sich Xiaoli endlich etwas zu lockern, und fing auch das ein oder andere Gespräch an. Irgendwann meinte Andrea dann, ihr Ziel erreicht zu haben: Xiaoli unterhielt sich endlich etwas intensiver mit einem Jungen. Andrea verdrückte sich daraufhin mit Frank zu einer anderen Gruppe, um den Beiden eine Chance zu geben, sich intensiver zu beschnuppern.

So weit lief also alles ganz gut. Bis der Junge plötzlich neben Andrea stand, und fragte, wo Xiaoli sei. Er war kurz auf die Toilette verschwunden, und sie hatte ihm versprochen, zu warten. Aber als er zurückkam, war sie nicht mehr da. Andrea und Frank hatten sie daraufhin auf der ganzen Party gesucht, aber sie blieb verschwunden.

Sie blieb wirklich verschwunden. Auch am nächsten Tag war nirgendwo eine Spur von ihr. Andrea klopfte und klingelte immer wieder an ihrer Wohnungstür, aber da war keine Reaktion und nicht das geringste Geräusch. Sonntag und Montag versuchte sie noch, Xiaoli über ihr Handy zu erreichen, aber es klingelte nur, ran ging niemand. Ab Montag Abend kam dann die Ansage, dass der Teilnehmer nicht erreichbar sei.
Andrea verständigte auch die Polizei, aber die wiegelte ab, dass sie hier nichts tun könnten, und Xiaoli wahrscheinlich bei jemandem übernachten würde. Das sei in ihrem Alter und unter den Umständen, seit dem Kometen, nicht ungewöhnlich. Oder, sie hat sich heimlich wieder nach China begeben.
Die letzte Möglichkeit hielten wir alle für Quatsch, war sie doch regelrecht aus China geflohen, weil sie es nicht mehr ertragen konnte. Warum sollte sie nun dahin zurück wollen?
Andrea hoffte so sehr, dass Xiaoli wirklich bei einem Typen in der Kiste gelandet war, aber irgendetwas in ihr gab ihr ein schlechtes Gefühl. Xiaoli hätte doch wenigstens eine SMS schicken können. Stattdessen blieb sie wie vom Erdboden verschluckt. Wurde sie vielleicht entführt? Ermordet? Oder hat sie sich selbst was angetan?
Alles nur Spekulationen, aber egal, was es war, es war beunruhigend. Offenbar dachte jeder von uns Etwas in dieser Richtung, und Mareike schien es am meisten mitzunehmen.

"Kann ich mit zu dir ins Labor kommen?", Mareikes Stimme hatte etwas zittriges an sich. Natürlich nahm ich sie mit. Am liebsten hätte ich auch Vanessa mitgenommen, aber wie ich schon schrieb: oft ist sie die Stimme der Vernunft, so auch an diesmal: "Wir sollten versuchen, erst einmal Normalität herzustellen. Und die Miete zahlt sich auch nicht von alleine.".
So trennten sich also gestern Morgen unsere Wege vor der Haustür.

Mareike war den ganzen Tag recht still und in sich vertieft. Sie richtete sich im Labor wieder in der Ecke ein, die sie letzten Freitag schon genutzt hatte. Heute hatte sie aber wirklich ihre Ruhe. Ich kam nur ab und zu vorbei, um nach ihr zu sehen, oder ihr einen Tee zu bringen. Einmal erwischte ich sie dabei, wie sie auf eine freie Stelle auf dem Tisch starrte. Ich schnappte mir den Stuhl neben ihr, drückte ihr eine frische Tasse Tee in die Hand und fragte sie, ob sie vielleicht reden will. Aber sie schüttelte nur den Kopf.
Ich wollte schon wieder gehen, aber dann hielt sie mich am Arm fest und zog mich auf den Stuhl zurück: "Sie ist ganz allein. Wenn sie noch lebt, ist sie nicht mehr sie selbst.", mehr nicht. Dann schwang sie sich auf meinen Schoß und schlang die Arme um mich. So blieben wir sitzen, bis es Zeit war, in die Mensa zu gehen.

Ich fragte mich, ob sie vielleicht mehr wusste, als sie zugab. Oder ob es nur Gefühle waren. Oder hatte sie, während des Vorfalls im Treppenhaus, etwas von Xiaolis Allochondrien unterbewusst übermittelt bekommen? Etwas, wofür nur sie empfänglich war, weil sie das Selbe durchgemacht hatte?

Auch nach der Mittagspause blieb sie still, war aber wieder auf ihren Stoff konzentriert. Zu einem Flashback, oder was es war, kam es, soweit ich beurteilen konnte, nicht mehr.
Schließlich rückte der Feierabend näher. Ein Vorteil, wenn sie im Labor lernte war, dass sie ihr Zeug bis zum nächsten Tag liegen lassen konnte, und nicht alles immer mit sich rumschleppen musste. Dafür mussten wir aber noch den Einkauf schleppen.
Hoffentlich nicht mehr lange. Sobald mein Bruder mir das erste Geld überwiesen hat, suche ich mir ein kleines, gebrauchtes Auto.

Wir waren gerade mit den Einkäufen vor dem Haus angekommen, als wir einige laute Geräusche durch die Haustür hörten. Rumpeln, Krachen, und Schreie in mindestens zwei Tonlagen.
Nach einem kurzen, stummen Blickwechsel mit Mareike, öffnete ich die Haustür und entgegen kamen uns klare Geräusche von weiter oben, vielleicht sogar von ganz oben. Und dann ein Hilfeschrei, eindeutig von Frank! Dazwischen irgendwie unmenschliche Schreie in einer höheren Tonlage. Mareike flüsterte nur "Xiaoli!" und schon stürmten wir, vorbei an den Nachbarn, die gaffend die Treppenabsätze verstopften, nach oben. Beide Wohnungstüren waren offen, aber der Krach kam aus unserer WG.

Und schon der nächste Schockmoment: Frank lag in der Andreaskreuz-Position rücklings auf dem Boden. Seine Beine waren bestenfalls noch mit Resten seiner Jeans bekleidet, jedenfalls lagen einige Stoffetzen davon herum. Also, ich ging davon aus, dass er es war. Außer seinen Armen, sah ich sonst nichts mehr von seinem Körper, denn über ihm war ein Wesen, das frisch einem Horrorfilm entsprungen sein konnte: Lange, schwarze Haare hingen dem Wesen über den ganzen Kopf herunter und verhüllten ihn rundherum wie einen Vorhang. Der nackte Körper schimmerte gräulich und unter der Haut der Gliedmaßen schienen kräftige Muskelpakete zu zucken. Das Ding lag mit dem Kopf zur Tür, also umgekehrt zu Frank, auf ihm und hämmerte seinen Kopf immer wieder dort hin, wo Franks Hüfte sein musste.
Die Hände dieses Zombies krallten sich an Franks Unterschenkeln fest, und hielten sie im rechten Winkel geöffnet, während die Beine des Zombies, Franks Arme auf den Boden pressten.
Als das Wesen mich bemerkte, hob es kurz den Kopf und ließ einen markerschütternd grellen Schrei von sich, der garantiert noch im Hinterhof des gegenüberliegenden Hauses zu hören war. Währenddessen sah ich Schemenhaft das bleiche Gesicht einer Asiatin zwischen den schwarzen Haarsträhnen hindurch, und den zornverzerrten Ausdruck in ihren Augen.

Dass ich alleine gegen einen Zombie keine Chance hatte, wusste ich noch von dem Vorfall, damals im Park mit Vanessa. Aber vielleicht mit einem Schlaginstument? Ich drückte mich an dem Horrorszenario vorbei in die Küche und holte eine große Pfanne. Danach einmal kräftig ausholen und "DONG!" - Der Zombie rollte bewusstlos von Frank herunter und blieb erschlafft an der Wand liegen. Frank krümmte sich unterdessen in die entgegengesetzte Richtung vor Schmerzen.

"Mareike!", rief ich ins Treppenhaus, aber keine Reaktion. Sie stand kreidebleich am Geländer und starrte in den Flur. Ich ging hinaus und packte sie an den Schultern: "Mareike, sieh mich an! Konzentrier' dich!", langsam wanderten ihre Augen höher und unsere Blicke trafen sich, "Ruf 112 an, die sollen einen Krankenwagen schicken, besser zwei. Bleib so lange dran, bis sie sagen, dass du auflegen kannst. Beantworte die Fragen. Verstanden?". Mareike nickte nur hastig und zog dann ihr Handy raus. Zeit, mich um Frank zu kümmern. Er hielt sich einen Arm fest an die Brust gedrückt - gebrochen. An seinem Hinterkopf klebte Blut, und auch aus seiner Nase kam ein Rinnsal. Dazu hatte er noch Schmerzen an der Seite, die ihn beim Atmen behinderten. Aber er schien soweit klar und abgesehen von den Schmerzen, kam er auch langsam runter. Naja, ER kam wieder runter. Sein Ding stand geschwollen und mit ein paar Bissspuren von seiner Hüfte ab. Ein Anblick, den ich gerne nie erlebt hätte.

Ich sah hinüber zu dem Zombie. So bewusstlos, schien sie vollkommen harmlos zu sein. Ein zierlicher Frauenkörper, allerdings in einer ungesunden Farbe und mit kaltem Schweiß bedeckt. Ihre Haare hingen ihr übers Gesicht und verdeckten es komplett. Jetzt erst bemerkte ich fast fingerdicke Seile, die mehrmals um ihre Handgelenke und Knöchel gewickelt und verknotet waren. Je ein Ende der Seile schien zerrißen zu sein, das Andere war sauber abgetrennt und verschmolzen.

"Die Krankenwagen kommen bald.", sagte Mareike leise, als sie den Flur betrat. Sie sah besorgt auf Xiaolis regungslosen Körper herab und hockte sich schließlich daneben, um ihr die Haare aus dem Gesicht zu streichen. "Sie lebt noch.", bestätigte sie, als sie den Puls am Hals überprüfte und auch ein leichtes heben und senken der Bauchdecke bemerkte. Mareikes Hand kehrte wieder zu Xiaolis Kopf zurück und streichelte sanft über die glatten Haare.
"Geh weg von ihr!", befahl ich ihr, "Frank ist schon Krankenhausreif! Ich will nicht, dass dir auch noch was passiert!", aber sie ignorierte mich. Stattdessen hob Mareike Xiaolis Arm an und besah sich das Seil am Handgelenk: "Xiaoli, was ist mit dir passiert?", fragte sie mehr sich selbst, als die bewusstlose Asiatin vor sich.

Warum vergeht die Zeit eigentlich immer so langsam, wenn man dringend einen Krankenwagen braucht?
Ich hielt die Pfanne wieder fest am Griff, für den Fall, dass der Zombie auch nur zucken würde, aber selbst nachdem die Sanitäter Xiaoli auf eine Trage gewuchtet hatten, blieb ihr Körper schlaff darauf liegen. Vorsichtshalber fixierten sie Xiaoli trotzdem mit schweren Lederbändern. Frank holten sie erst danach ab.

Andrea und Vanessa kamen fast zeitgleich zurück, gerade um noch mitzuerleben, wie Frank unter Schmerzensschreien auf die Trage gehoben wurde. Irgendwie kam erst dann bei mir der Zusammenbruch. Ich spürte, wie ich zitterte und meine Hand schmerzte, weil sie noch immer um den Pfannengriff gekrampft war. Vanessa musste mir dabei helfen, meine Hand zu öffnen, danach geleitete sie mich auf die Sitzecke in der Küche und dirigierte auch Mareike darauf. Sie selbst setzte sich zwischen uns, und nahm uns je links und rechts in die Arme.
Das Zittern breitete sich auch in meinen Mund aus, weswegen ich erst aufhörte zu stottern, als zwei Polizisten die Wohnung betraten. Auch gut - so musste ich nur einmal erzählen, was passiert war. Die Polizisten schauten sich danach auch noch Xiaolis Wohnung an und fragten, ob wir etwas von einem Kampf, oder einem Überfall mitbekommen hätten, aber mit der Erklärung, dass es wahrscheinlich Xiaoli selbst war, gaben sie sich zufrieden. Zu oft hatten sie inzwischen Wohnungen gesehen, die ein Zombie vor seinem Amoklauf selbst noch zertrümmert hat. Deswegen unternahmen sie ansonsten nichts mehr, und machten sich stattdessen auf den Weg in die Klinik.

Ich glaube, wir saßen eine Stunde noch so, bis ich mir einen Kaffee machen konnte, ohne ihn gleich wieder zu verschütten. Zu dem Zeitpunkt endete auch Mareikes Schockzustand. Als ich mich gerade umdrehte, warf sie sich unvermittelt an Vanessas Hals und heulte, was das Zeug hielt. Während Vanessa bemüht war, sie so gut es ging zu beruhigen, machte ich ihr gleich auch noch ihren Lieblingstee und für Vanessa auch einen Kaffee.
Einen Liter Tränen später, hob sie endlich wieder ihr Gesicht aus Vanessas Schulter, die inzwischen mit Wasser und Rotz getränkt war. "Wir müssen auch noch ins Krankenhaus.", Vanessas Stimme war sanft und ruhig, "Andrea und Frank brauchen noch Sachen für die Nacht.". Die Chatnachricht war irgendwann bei Vanessa eingegangen, als ihre Arme damit beschäftigt waren, uns festzuhalten.

Während Vanessa Zahnbürsten, Handtücher und dergleichen zusammensammelte, bemerkte ich, dass unsere Wohnungstür die ganze Zeit offen stand. Ebenso wie die von Xiaoli. Ich bin normalerweise nicht so neugierig, aber irgendetwas zog mich hinüber. Die Wohnung sah katastrophal aus. Scherben, Zerbrochenes und allerlei Gegenstände lagen auf dem Boden. Bilder hingen schief an den Wänden, Schranktüren und Schubladen standen offen, oder waren teilweise herausgerissen. Ja, auch eine Schranktür war herausgerissen und lag auf dem Boden in ihrem Schlafzimmer. Und am Bett - das fingerdicke Seil an den Bettpfosten. Ebenso mehrmals herumgewickelt und verknotet. Ein Ende sauber abgeschnitten und verschmolzen, das andere, längere Ende, abgerissen. Hat sie jemand ans Bett gefesselt? Und wie konnte dieses starke Seil reißen? Seltsam war, dass die Seile an den Bettpfosten am Fußende, sowie eines am Kopfende, normal festgeknotet waren, aber das vierte Seil mit einem Vorhängeschloss fixiert wurde.
Ich starrte auf das Bett und Bilder von möglichen Szenarien flatterten vor meinem inneren Auge vorbei. Das war nicht schön. Ein Bild war beunruhigender als das Andere. Zum Glück holte mich Vanessa aus dieser Starre, als sie rief, dass wir gehen konnten, sie hätte alles beieinander.

Ich suchte schnell noch einen Schlüssel zu Xiaolis Wohnung und wurde auf dem Boden vor dem Schlüsselbrett fündig. Danach sperrte ich ab und begleitete Vanessa und Mareike zur Bushaltestelle.

Im Krankenhaus: Frank sah inzwischen etwas besser aus. OK, die Verbände verdeckten das Meiste. Zum Beispiel die Nase, die nur angeknackst war, der Arm war in Gips, Elle und Speiche gebrochen, sowie ein Kopfverband, für die große, blutige Beule auf der Rückseite. Die kleineren Schnitte und Schürfungen waren meist mit Pflastern versorgt.
Wie war das alles passiert? - Frank war vor uns Allen zu Hause, und wollte sich gerade was zu essen machen, als es an der Tür klopfte. Ohne sich etwas dabei zu denken, öffnete er, und wurde sofort von Xiaoli überfallen und rückwärts auf den Boden geworfen. Von da an, sagte er, war Alles irgendwie nur noch ein Abwehrkampf gegen einen Gegner, der drei Mal so schnell und zehn Mal so stark wie er schien. Als er Xiaoli am Hals zu fassen bekam, führte sie nur einen Schlag aus, und höllische Schmerzen durchfuhren seinen Arm. Danach war er nicht mehr fähig, ihr irgendetwas entgegenzusetzen. Nicht einmal, als sie seine Hose wie ein wildes Tier in Fetzen riß und sich danach an seinem Ding festsaugte. Er konnte nicht anders, Xiaoli saugte so übermenschlich fest, dass er unweigerlich eine Erektion bekam.
Irgendwie schaffte sie es dann auch noch, ihn so sehr zu reizen, dass er einen "Zwangsorgasmus" erlitt, wie er es nannte. Nicht das schöne Gefühl, das man normalerweise dabei hat, eher ein schmerzhafter Stromschlag, der Alles zusammenzucken lässt. Auch war es nicht nur einer, sondern gleich drei in schneller Folge. Keine Ahnung, wie Xiaoli das schaffte.
Dann machte es irgendwann "Dong!", und es war vorbei.

Konnte das sein, oder übertrieb Frank nur? Konnten die Allochondrien solch eine Kraft in einem so kleinen und zierlichen Menschen wecken? Wie hielt Xiaolis Körper das nur aus, ohne selbst zu zerbrechen?

Wir verließen die Klinik weit nach den offiziellen Besuchszeiten, und als wir endlich wieder zu Hause waren, fielen wir schnell ins Bett und kuschelten zusammen. "Könntest du heute Nacht bitte die Tür zu schließen?", flüsterte Mareike. Natürlich stand ich nochmal auf und drehte den Schlüssel zu unserer Zimmertür - zweimal. Ist zwar eigentlich zwecklos, aber wenn es sie beruhigt, dann ist es auf jeden Fall gut so.
Links und rechts klammerten sich die Beiden danach an mich und dann war Stille. Geschlafen haben wir aber lange nicht. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit bemerkte ich, wie erst Vanessas und dann auch Mareikes Atmung langsamer wurde. Und dann war auch ich weg.

Irgendwann bemerkte ich ein warmes Gewicht auf mir und Hände auf meiner Brust. Keine Bewegung, kein Geräusch. Ich öffnete die Augen und sah Mareikes brünetten Haarschopf auf mir. Ihr Kopf lag auf ihren Händen. Kaum dass ich mir ihre Haare durch die Finger gleiten ließ, hob sie schon den Kopf und sah mich an. Leider mit einem besorgten bis traurigen Gesicht. "Ich möchte heute Xiaoli besuchen.", flüsterte sie. Kein "Guten Morgen.", kein Lächeln. Ich strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht: "Und was, wenn sie es nicht geschafft hat?". "Was, wenn sie es geschafft hat?", wandte sie ein, "Sie hat doch niemanden.". Da hatte sie recht. Ich versprach ihr, dass wir nach ihr sehen würden, wenn wir ins Krankenhaus kommen, aber ich wollte nicht, dass sie da alleine hin geht. Ich wollte erst mit ihr ins Labor, da könnte sie vielleicht noch ein wenig an ihrer Arbeit schreiben, bis ich nach allem gesehen habe, und am Nachmittag könnte ich dann vielleicht früher Schluß machen und gleich ins Krankenhaus gehen.

Viel mehr gibt es über den Vormittag nicht zu berichten. Wir erhielten lediglich noch eine Nachricht von Andrea, die direkt von der Klinik zur Arbeit gefahren war, dass wir noch ein Paar Klamotten für die Zwei in die Klinik bringen sollten, Franks Aufenthalt könnte doch länger dauern, und Andrea werde die Nächte auch in der Klinik verbringen. Vanessa packte Alles zusammen, und gab mir die Tasche mit in die Hochschule.
Das Fehlen von Andrea und Frank war wie ein schwarzes Loch in der WG, das alle guten Emotionen aufsog. Wenn sie zu ihren, oder seinen Eltern gefahren waren, war dieses Loch nicht da. Diesmal ist es anders.
Zudem wurde uns klar, dass Zombies von nun an zum Leben dazu gehören würden. Nicht so viele wie damals, als Vanessa angegriffen wurde. Damals gab es eine regelrechte Welle von ihnen, und bald darauf schienen sie verschwunden zu sein. Aber das waren sie nie. Immer mal wieder tauchte einer auf, das weiß ich jetzt, nachdem ich in den Lokalnachrichten nachgelesen habe.
Jeder von uns könnte zu einem Zombie werden. Die Hoffnung ist, dass man sicher ist, solange man sexuellen Kontakt hat.

Im Labor setzte sich Mareike wortlos an ihren Platz und schlug ihre Bücher und den Laptop auf. Ebenso ging ich an meine Arbeit. Wenigstens lenkt das ab.
Ramona merkte schnell, dass etwas nicht stimmte, und so erzählte ich ihr, was gestern passiert war. Sie bot mir danach an, dass sie sich am Nachmittag um alles kümmern würde, dann könnte ich mit Mareike gleich nach dem Mittagessen in die Klinik. "Und die Stechuhr?", gab ich ihr zu bedenken, denn schließlich hatten wir auch Kernarbeitszeiten. Aber sie grinste nur: "Lass deine Karte da, ich kümmere mich darum. Und wenn dich jemand sucht, bist du eben gerade auf der Toilette, oder irgendwo in der Hochschule unterwegs. Und morgen früh logge ich dich auch wieder ein.". Verschwörerisch grinste ich zurück. Dafür hat sie definitiv was gut bei mir. Aber das muss die Ausnahme bleiben.

Also, Mittagessen und dann ab in die Klinik.
Frank hatte tatsächlich ein Doppelzimmer für sich alleine bekommen. Naja, eigentlich stimmt das so nicht ganz, denn Andrea hat ja auch dort übernachtet. Irgendwie schon merkwürdig, aber eine Schwester erklärte uns, dass das inzwischen normal sei, dass die Partner von Patienten oft auch gleich einquartiert werden. Erstens ist inzwischen genug Platz vorhanden, Zweitens nehmen sie dem geschrumpften Klinikpersonal Arbeit ab, indem sie ganz automatisch kleinere "Pflegearbeiten" übernehmen, und Drittens brauchen die Patienten ja auch während ihrem Aufenthalt ihre "Medizin". So gesehen eine win-win-win-Situation.

Und wie geht es Frank? - Nun, den Umständen entsprechend. Er hat eindeutig eine Gehirnerschütterung, zum Glück eine Leichte, mit Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel. Deswegen wollen sie ihn vielleicht noch ein, zwei Tage da behalten.

Bizarr wurde es allerdings, als die Visite kam: Erst war alles ganz normal, der Arzt leitete ein, dass Frank von einem Zombie angefallen wurde, mit Gehirnerschütterung, gebrochenem Arm und geprellten Rippen, dann noch ein "Wie geht es ihnen?" und einer kurzen Erklärung, wie er weiter behandelt wird (Ruhe, Schmerzmittel). Soweit nichts Besonderes, aber zwei der Weißkittel blieben im Raum, während die restliche Horde weiterzog. Sie stellten sich als die behandelnden Ärzte von Xiaoli vor, und fragten, ob Mareike und ich das Zimmer verlassen könnten, weil sie etwas Intimes mit ihm besprechen müssten. Frank lehnte jedoch ab: "Er ist mein bester Freund, und hat mich vor dem Zombie gerettet, er bleibt!". Die beiden Ärzte sahen sich zunächst ratlos an, rangen uns dann aber das Versprechen ab, alles von dem folgenden Gespräch absolut vertraulich zu behandeln.

Sie erklärten erst einmal den Zustand von Xiaoli. Zwar habe sie eine Kopfverletzung erlitten, aber ansonsten gehe es ihr körperlich gut. Sie nannten sie eine "Wiedergängerin". Nicht wie die unheilbringenden Geisterwesen, oder lebenden Toten aus alten Geschichten, sondern ein Allochondrien-Zombie, der wieder normal wurde. Die Bezeichnung hat sich in der Wissenschaftswelt so durchgesetzt, wenn es auch nicht die offizielle Bezeichnung ist.
Leider hat die Medizin mit den Wiedergängern noch keine Erfahrung, weswegen Xiaoli nicht nur Patient, sondern auch Forschungsobjekt ist. Außerdem geht es um Forschungsgelder. "Dann ist sie jetzt wieder normal?", freute sich Mareike schon, doch wurde sie von den Ärzten enttäuscht: "Sie ist körperlich normal, aber leider vollkommen apathisch. Keine Sorge, das kommt nicht von der Kopfverletzung, das ist bei allen Wiedergängern so.". Xiaoli reagierte demnach noch nicht einmal auf die vielen Nadeln, mit denen ihr diverse Körperflüssigkeiten zur Untersuchung abgenommen wurden, und nimmt auch keine Nahrung auf, weswegen sie schon am Tropf hängt. Bei dieser Beschreibung fing Mareike leise an zu weinen und klammerte sich an meinen Oberarm.

Danach rückten sie kleinlaut und peinlich berührt mit ihrem eigentlichen Anliegen raus: "Wir ... ähäm ... bräuchten eine Spermaprobe von ihnen.". Uns Dreien klappte der Unterkiefer runter: "Ich habe eine Gehirnerschütterung, keine Potenzprobleme!", platzte Frank schließlich raus. Die zwei Ärzte kamen immer mehr ins Schlingern und erklärten weiter, dass das für Xiaoli sei. Sie hätten eine Vermutung, wie vielleicht eine Reaktion zu erreichen wäre. Ab diesem Punkt mussten wir ihnen die Informationen einzeln aus der Nase ziehen. Sie hatten vor, ihr gleich mehrere Proben zu "servieren", unter Anderem eben auch von Frank, da Xiaoli von ihm "gekostet" habe. Ein erster Versuch mit Proben von Klinikpersonal habe nichts erbracht.

Wir waren fassungslos. Die wollten Xiaoli allen Ernstes mit Sperma füttern?
Die Zwei liefen knallrot an. Und plötzlich meldete sich Mareikes sanfte Stimme: "Tu es. Vielleicht kannst du ein Leben retten.". Frank ließ sich breit schlagen, gab aber zu bedenken, dass er dafür Andrea bräuchte, sein Arm ließe das gerade nicht zu. Die Ärzte atmeten deutlich auf, versorgten ihn noch mit einem Becher, und sagten ihm, wo er sich melden sollte, wenn er so weit wäre.
Sie wollten gerade gehen, als Mareike aufsprang und sie aufhielt: "Ich will sie sehen, jetzt sofort!". So kannte ich sie gar nicht (mehr). Ihre Stimme war plötzlich so fest und bestimmend, wie seit der alten Mareike nicht mehr. Wieder sahen sich die Ärzte kurz an und meinten nur: "Dann folgen sie uns.".

Natürlich ging ich mit, ich kann Mareike doch nicht alleine mit Xiaoli in einem Zimmer lassen, oder?
Durch das Labyrinth von Gängen, Treppen und automatischen Türen, führten sie uns immer tiefer in die Eingeweide des Krankenhauses. Irgendwann gab es keine Fenster mehr. Wir waren im Kellergeschoß angekommen. Hier waren eigentlich die OP-Sääle und Vorbereitungsräume, aber für Xiaoli hatten sie einen Raum zur Überwachung hergerichtet. Der Raum hatte ein Fenster zum Gang, und davor stand eine Kamera auf einem Stativ, die auf Xiaoli gerichtet war. Drinnen erhellte schummriges, aber kaltes Licht den Raum. In der hinteren Ecke war Xiaolis Bett und daneben ein paar Gerätschaften zur Überwachung, und ein Tropf.
Xiaoli lag in Fötusstellung auf dem Krankenbett und starrte ins Nichts. Sie trug einen von diesen krankenhausgrünen Patientenkitteln, die hinten offen sind. Ihr Gesicht war frei, jemand hatte ihre Haare gekämmt, oder zumindest geordnet, und mit einem Haargummi im Nacken zusammengebunden. Ihre Gesichtsfarbe war wieder zurückgekehrt, auch wenn das künstliche Licht in dem Raum nicht alle Farben davon erkennen ließ.
Mareike schniefte und eine Träne rollte ihre Wange hinunter: "Ich will zu ihr.". "Das geht nicht. Sie ist ...", weiter kam der Arzt nicht und schon wurde er von Mareike niedergeschrien: "ICH WILL ZU IHR! SOFORT!", sie stampfte sogar mit dem Fuß. Die Beiden zuckten zusammen, sahen sich wieder kurz an und dann zückte einer einen Schlüsselbund und öffnete die Tür.

Ganz langsam ging Mareike auf das Bett zu und hielt dabei meine Hand so fest, dass meine Finger kaum noch durchblutet wurden. Bei Xiaoli war keine Reaktion zu bemerken. Die einzigen Bewegungen, die irgendwie sichtbar waren, waren ein seltenes Blinzeln und ihre Atmung. Nicht einmal, als sich Mareike vorsichtig auf die Bettkante setzte, rührte sich irgendetwas an ihr.
Sachte legte Mareike ihre Hand auf die glatten, schwarzen Haare und strich an ihnen entlang. Einmal, und noch ein Mal. Plötzlich zuckte Xiaolis Hand unter der Bettdecke. Ich war kurz davor, Mareike wegzureißen, aber die Bewegung war zu langsam und zu schwach. "Mach' die Kamera an! Los, schnell!", wurde einer der Ärzte hastig, und der Andere sprang zu einer Kamera, ebenfalls auf einem Stativ, die von der anderen Wand auf Xiaoli zeigte.

Währenddessen kroch die Hand immer weiter auf Mareike zu. Dann am Oberschenkel hoch, bis sie schließlich Mareikes Hand darauf ertastete und schwächlich zugriff. Kein fester Griff, nur zwei Hände, die zärtlich ineinander lagen.
Der Ärmel ihres Patientenkittels war dadurch so weit verrutscht, dass nun ihr Handgelenk freigelegt war. Das Seil darum war verschwunden, was darunter aber nun zum Vorschein kam, war rote, aufgeschürfte Haut, die noch immer in mehreren Ringen um ihr Handgelenk führte.
Und dann bewegte sich Xiaolis Kopf. Die beiden Ärzte waren kurz vorm durchdrehen. Xiaolis Körper öffnete sich genauso langsam, wie zuvor ihre Hand. Ihr Kopf stieß an Mareikes Oberschenkel, wurde angehoben und schob sich dann langsam darauf, wo er letztendlich zum Liegen kam.

Ursprünglich hatte ich Angst, dass Xiaoli Mareike etwas antun könnte, aber diese Szene war mehr als friedlich. Xiaolis Kopf lag in Mareikes Schoß und wurde weiterhin zärtlich gestreichelt, während die Beiden auch noch Händchen hielten. Aber nun machte ich mir Sorgen um die Ärzte. Noch ein wenig mehr Aufregung, und sie hätten höchstwahrscheinlich einen Herzinfarkt erlitten. Einer rannte schließlich auf den Gang hinaus und schrie: "Kommt schnell, der Wiedergänger reagiert!". Der Andere stürmte fast auf Mareike zu und fragte überschwänglich: "Was haben sie gemacht? Was ist passiert? Woher wussten sie das?". Seine Fragen warteten gar nicht auf Antworten, bis Mareike einschritt: "Schhhhhh! Sie braucht Wärme.".

Der Arzt war perplex. Das war etwas, das man nicht in Tabletten oder Spritzen verabreichen konnte. Aber er schien doch ein wenig zu verstehen. Seine hereinstürmenden Kollegen hielt er mit ausgebreiteten Armen zurück und mahnte sie zur Ruhe, bevor alle zusammen den Frieden auf dem Krankenbett bewunderten.
Danach ging er langsam auf Mareike zu. Man sah ihm an, dass er total aufgeregt war, trotzdem war seine Stimme so ruhig, wie nur irgend möglich: "Denken sie, sie könnten die Patientin vielleicht aufsetzen?".
Mareike griff Xiaoli nur unter die Arme und dirigierte sie an die aufgestellte Matratze des Bettes. Nicht mit Kraft, das machte Xiaoli selbst, Mareike gab nur die Richtung vor und setzte sich gleich danach wieder neben sie, um ihr weiter die Hand zu halten.

Plötzlich hielt der Arzt Mareike ein Glas hin: "Könnten sie ihr das geben? Ist nur Wasser.". Die Weißkittel hinter ihm kamen einen Schritt näher und bestaunten alles, als wäre es ein Weltwunder.
Ich verstand das zu diesem Zeitpunkt nicht so ganz, was ist schon dabei, wenn jemand einem Anderen etwas zu trinken gibt? Auch für Mareike war es etwas ganz Normales. Sie führte das Glas an Xiaolis Lippen und gab ihr zu trinken. Ein Raunen ging durch die Weißkittel.
"Und jetzt noch das.", der Arzt hielt Mareike ein Glas mit einem orangenen Brei und einem Löffel darin hin, "Ist Babybrei. Ähm, Karotte, glaube ich.".

Mareike setzte sich Xiaoli gegenüber und führte den ersten Löffel zu ihrem Mund. Xiaolis fragenden Blick beantwortete sie nur mit einem sanften Lächeln und etwas Kopfnicken, dann öffnete Xiaoli den Mund und ließ sich bereitwillig füttern.

Das Ganze war irgendwie surreal. Eine Horde erwachsener und studierter Menschen bestaunte eine Frau, die eine Andere mit Babybrei füttert. Andy Warhol lässt grüßen.
Allerdings muss ich schon zugeben, irgendetwas schien zwischen Mareike und Xiaoli abzulaufen. Irgendeine Form der Kommunikation. Nicht mit Worten, Mimik oder Gestik, nein, irgendetwas Unterbewusstes, fast wie Telepathie. Oder waren es die Pheromone, mit denen die Allochondrien über die Grenzen der Körper hinweg miteinander kommunizieren?
Als die Beiden mit dem Brei fertig waren, blieb Mareike einfach nur sitzen, nahm beide Hände von Xiaoli, und sie blickten sich lächelnd für Minuten gegenseitig in die Augen. Bei den Weißkitteln kam indes Unruhe auf. Sie wurden zwar nicht laut, begannen aber flüsternd und wild miteinander zu diskutieren. Schließlich legte der Arzt, der Mareike die Gläser gereicht hatte, ihr eine Hand auf die Schulter: "Könnten wir sie draußen mal sprechen?". Mareike umarmte noch schnell Xiaoli und dann verließ die ganze Horde den Raum.

"Was ist mit ihnen beiden passiert?", platzte er draußen sofort heraus, "Wie haben sie das gemacht?". Mareike verstand die Fragen überhaupt nicht: "Ich habe mich doch nur um sie gesorgt und ihr zu essen und trinken gegeben.". So gesehen, verstand ich die Fragen ebenso nicht, bis die Ärzte es uns erklärten: Xiaoli war nicht der erste Zombie, der eingeliefert wurde, und auch nicht der erste Wiedergänger. Der Unterschied zwischen Beidem erklärten sie damit, dass es den Wiedergängern gelungen war "gewisse Körpersäfte", von ihrem Opfer zu extrahieren, während die reinen Zombies das nicht geschafft hatten.
Aufgrund der fehlenden Stoffe für die Allochondrien sind alle Zombies kurz nach der Einlieferung verstorben. Mehr als 24 Stunden lebte keiner von ihnen. Auch blieben sie in ihrem manischen Zustand mit der ungesunden Hautfarbe. So wie der Zombie, der damals Vanessa angefallen hatte, der war doch auch am nächsten Tag tot.
Bis ein Pfleger einen Vorschlag machte, der zunächst überhaupt nicht akzeptiert wurde. Ein weiblicher Zombie wurde eingeliefert und er meinte: "Gebt ihr eine Ladung Sperma.". Die meisten Ärzte wollten ihn schon aus der Klinik werfen und schließlich haben sie ihm zur Strafe die Nachtschicht aufgebrummt. Oder hatten sie mit der Nachtschicht was anderes bewirken wollen?

Jedenfalls hat der Pfleger dann doch seine Theorie getestet. Die Nachtschicht kam ihm dafür gerade richtig, da kaum ein Arzt da war, der ihn aufhalten konnte. Also hat er von sich selbst Sperma "extrahiert" (jaja, Ärzte und ihre Fachbegriffe), und dem nächstbesten weiblichen Zombie "oral verabreicht".
Die Ärzte staunten am nächsten Tag nicht schlecht, als dieser Zombie dann noch lebte, und auf dem Weg der Besserung zu sein schien. Doch auch sie war vollkommen apathisch und musste zur Ernährung an den Tropf gehängt werden. Nichts half, um sie aus diesem Zustand heraus zu holen, und schließlich stellte man fest, dass sie bald darauf wieder in den Zombiezustand abzugleiten drohte.
Einige der Ärzte weigerten sich noch immer, den Patienten das naheliegenste Medikament zu verabreichen, aber die Ärzte, die es akzeptierten, suchten nun in der Klinik nach regelmäßigen Spenderinnen und Spendern entsprechender Sexualstoffe.

So konnten sie die Wiedergänger wenigstens zeitweise am Leben erhalten. Zeitweise, denn sie erkauften damit bestenfalls eine Woche, plus/minus einen Tag, und dann verstarben die Wiedergänger doch. Schnell und ohne Vorwarnung. Plötzlich lagen sie tot im Bett. Deswegen die Kameras, die Ärzte erhofften sich irgendwelche Hinweise, was den Wiedergängern fehlte. Aber der Todeszeitpunkt lief immer gleich ab: sie atmeten tief aus, und nie wieder ein.

Und dann kam Mareike und führte sie alle vor, wie schon der Pfleger, der den Ärzten gezeigt hat, wie man aus Zombies Wiedergänger macht.
"Xiaoli könnte immer noch sterben?", Mareikes Stimme war zittrig, als sie durch das Fenster zu Xiaoli sah. Der Arzt sah nur bedauernd drein und nickte.

Und wie geht es jetzt weiter? Nun, eines haben die Ärzte dennoch gelernt, ein Widergänger reagiert nur noch auf die Sexualstoffe von der- oder demjenigen, die oder der sie zuerst damit versorgt hat. In Xiaolis Fall also Frank. Deswegen brauchen sie nun Proben von ihm, um Xiaoli bis auf Weiteres am Leben zu erhalten.

Als alle Fragen soweit geklärt waren, bat er Mareike, morgen früh gleich wieder in die Klinik zu kommen. Sie boten ihr sogar an, sie mit dem Taxi abholen zu lassen, damit sie pünktlich da sein konnte. Mareike sah aber nur durch das Fenster auf Xiaoli, die scheinbar wieder zur Statue erstarrt war. Währenddessen überschlug sich der Arzt mit weiteren Vergünstigungen, ohne zu merken, dass Mareike sich schon längst entschieden hatte: Gratisessen in der Kantine könne sie auch bekommen, sowie eine Aufwandsentschädigung und Arbeitskleidung. Mareike willigte ein, aber wegen Xiaoli, nicht weil der Arzt darum bat, oder wegen der Vergünstigungen. Sie wollte Xiaoli unbedingt wieder ins Leben zurückholen.

Mareike zog mich danach im Laufschritt durch das Labyrinth wieder zurück zu Frank und stürzte in sein Zimmer: "Du musst ihr unbedingt dein Sperma geben!". "Auch Hallo!", entgegnete ihr Andrea, die inzwischen an Franks Bett saß. Mareike erzählte den Beiden danach alles, was im Kellergeschoß passiert war, und welche neuen Informationen wir hatten. Sie überschlug sich fast in ihren Erzählungen, weswegen Andrea sie mehrfach ausbremste und Nachfragen stellte.

Ich glaube, Mareike hatte eine andere Reaktion erwartet. Andrea stand mit gesenktem Blick auf und ging ans Fenster: "Und dann? Ihr sagt, Xiaoli kann nur mit Frank weiterleben. Es fängt immer so an, oder? Ein schwaches Mädchen braucht Hilfe .... beim Umzug .... im Labor .... und jetzt zum überleben?". Andrea vergrub das Gesicht in den Händen und heulte drauf los. "Und das st...starke Mäd...chen bleibt all...ein zurück!", Andreas Stimme wurde immer wieder von Schluchzen unterbrochen.

Mareike verstand sofort, was los war, und nahm Andrea in die Arme, während Frank und ich es erst noch verarbeiten mussten. Und Frank hatte zudem noch einen Vorsprung: er wusste, dass Andrea schon von mindestens zwei Freunden sitzen gelassen wurde. Im folgenden Gespräch klärte mich Andrea schließlich auch auf. Ihr erster Freund kam nicht damit klar, dass sie gerne eine bestimmende Rolle einnahm. Er half dann mal bei einem Umzug aus und lernte dort eine Andere kennen, für die er Andrea verließ. Ein späterer Freund, im Grundstudium, half einer Kommilitonin "Ach, kannst du mir da mal zur Hand gehen, das ist so schwer.". Plötzlich waren die Beiden immer öfter zusammen zu sehen, aber er mit Andrea immer weniger, bis Andrea schließlich ganz abgeschoben wurde.
Und jetzt hat sie die gleichen Ängste mit Frank. Endlich einer, der ihre dominante Seite akzeptiert, ja sie sogar mag, oder mehr noch, liebt. Und dann kommt da wieder so eine kleine, zierliche Frau ins Spiel. Nur diesmal ist es noch schlimmer: wenn Andrea jetzt Nein sagt, hat sie womöglich das Leben eines anderen Menschen auf dem Gewissen. Wenn sie aber Ja sagt, wird Xiaoli womöglich untrennbar mit ihrem Freund verbunden sein. Und sie selbst?

Frank versuchte aufzustehen, und zu ihr zu gehen, aber der Schwindel warf ihn gleich wieder rückwärts auf die Matratze. Ein Glück kam kurz darauf Vanessa. Ich schlug den Damen einen gemeinsamen Spaziergang vor, um das auszudiskutieren, während ich mit Frank ein Männergespräch führte. Vielleicht könnten die Mädels nochmal bei Xiaoli vorbeischauen. So verließen sie, die noch schluchzende Andrea, eingerahmt von Vanessa und Mareike, das Krankenzimmer und ließen mich mit Frank allein.

"Wie siehst du das?", versuchte ich einen Anfang. Ich glaube, ich kenne Frank lang genug um zu wissen, dass er ein guter Junge ist. Er liebt Andrea, da bin ich mir sicher. Er hat auch ein kleines Engelchen-Teufelchen-Problem, zumindest nannte er das auch so. Das Teufelchen, oder besser gesagt, die männliche Natur, hat natürlich überhaupt nichts gegen einen weiteren potentiellen Sexualpartner. Das Engelchen, oder die Vernunft, sagt ihm aber, dass Andrea seine Frau fürs Leben ist, und er das auf keinen Fall aufs Spiel setzen soll.
Aber in diesem Fall, da hat Andrea recht, spielen sie auch noch mit Xiaolis Leben.
Etwas Anderes hat aber noch keiner von den Beiden bedacht: Konnte Frank überhaupt noch einmal den Anblick von Xiaoli ertragen, ohne gleich an den Zombieüberfall zu denken? "Das war ... der blanke Horror! Dieser Blick, der unmenschliche Schrei und diese kalte, graue Haut.", Frank musste sich schütteln.

"Und wenn es doch passiert?", fragte Frank, und ich verstand nicht sofort, "Wenn ich irgendwann Xiaoli mehr lieben sollte, als Andrea? Was dann? Ich weiß nicht, ob sie das verkraften würde. Dann hätte ich vielleicht IHR Leben auf dem Gewissen.".

Irgendwie war dieses Gespräch eine Reflexion auch auf mein eigenes Leben. Spätestens ab dem Zeitpunkt, als Frank mich fragte: "Wie machst du das mit zwei Frauen?". Liebe ich eine meiner beiden Liebsten mehr als die Andere? Oder wechselt sich das ab? Oder Liebe ich Vanessa für das Eine, und Mareike für das Andere? Also zum Beispiel weil Vanessa so weiblich, sexy, klug und oft auch mein moralischer Kompass ist und Mareike so ein liebenswertes, freundliches und süßes Ding?
Ich glaube, ein Hauptfaktor für uns ist, dass Vanessa und Mareike auch Zuneigung, wenn nicht sogar Liebe füreinander empfinden. Also alle lieben alle.
Aber wer liebt eigentlich Xiaoli?

Xiaolis Arzt unterbrach unser Männergespräch, weil er unbedingt Franks Probe haben wollte. Für ihn war es irgendwie unverständlich, dass er das nicht schon längst mit Andrea erledigt hatte.
Frank fragte, ob es auch bis morgen warten könne. Der Arzt war zwar enttäuscht, gab aber zu, dass sie wahrscheinlich bis Dienstag, vielleicht Mittwoch, Zeit hätten. Wollte aber trotzdem morgen noch die Probe haben.

Tja, das war ein interessantes Männergespräch. Kein Bier, keine Autos, keine Karriere- oder Arbeitsthemen. OK, Frauen, aber auf einer ganz anderen Ebene.

Unsere Damen kamen erst, als Frank sein Abendessen schon hinuntergedrückt hatte. Andrea hatte noch immer geschwollene, rotgeweinte Augen, war aber inzwischen soweit gefasst, dass sie wieder durchgängige Sätze sprechen konnte: "OK, wir machen das. Jetzt soll Xioali erst mal leben, alles andere sehen wir später.". Sie vertilgte auch noch schnell ihr Abendessen und schlüpfte dann zu Frank unter die Decke. Das war das Signal für uns, zu verschwinden.

Auf der Heimfahrt haben wir uns natürlich weiter über Andrea, Frank und Xiaoli unterhalten, und Vanessa und Mareike klärten mich auf, wie ihr Spaziergang mit Andrea verlief: Andrea heulte wahlweise einmal wegen Xiaoli und einmal wegen Frank: "Ich kann sie doch nicht sterben lassen, bei allem, was sie durchgemacht hat.", "Wenn er mich aber wegen ihr verlassen wird?". "Und wenn ihr zu dritt glücklich werden könntet?", warf Vanessa ein. Auch die Damen hatten während ihrem Spaziergang eine Diskussion über Dreierbeziehungen. Den Ausgang davon wollten sie mir aber nicht verraten, das soll ich gefälligst selbst herausfinden. - Mädelskram.
Mareike hatte Andrea und Vanessa auch zu Xiaoli geführt und sie haben sie durch das Fenster beobachtet. Xiaoli saß noch immer an die aufgestellte Matratze gelehnt auf dem Bett und starrte vor sich ins Nichts. Eine Krankenschwester ging in das Zimmer, ließ das Bett für die Nacht herunter und überprüfte nochmal die Geräte. Dann mussten die Drei leider etwas beobachten, auf das sie so nicht gefasst waren: Xiaoli wurde wie einem Baby die Windel gewechselt. Das volle Programm, einschließlich abwischen und eincremen. Mit offenen Mündern standen die Drei vor dem Fenster und mussten miterleben, wie eine erwachsene Frau in den besten Jahren wieder gewickelt wurde. Aber klar, wenn sie sich nicht bewegt, wo soll dann Alles hin? Die Allochondrien haben ihr wirklich Alles genommen. Beim Rausgehen meinte die Krankenschwester zu den Dreien nur: "Schade um die Kleine. Ist so ein hübsches Mädchen.". Dann schaltete das Krankenhaus die Flurbeleuchtung runter in den Nachtmodus, und Andrea wieder in den Heulmodus.

Heute Abend jedenfalls ist bei uns Ablenkung angesagt. Wenigstens sind die Drei in der Klinik aktuell außer Gefahr. Mareike und Vanessa haben sich für eine leichte Komödie als Abendprogramm entschieden. Ich höre sie immer wieder lachen. Endlich wieder. Na und ich habe mein Tagebuch. Aber für heute ist jetzt auch Schluß. Ich möchte mich nur noch an meine beiden Engel kuscheln. Gute Nacht.

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