Donnerstag 11. August
Donnerstag! Schon wieder. Allerdings muss ich diesen
Donnerstag in Schutz nehmen, der Mist passierte gestern. Speziell
gestern Abend, weswegen ich keine Zeit hatte, noch etwas zu schreiben.
Der Schock steckt mir teilweise noch immer in den Gliedern, aber ich
versuche mal, alles zusammen zu bekommen, was sich seit meinem letzten
Eintrag ereignet hat:
Dienstag Abend, oder besser gesagt Nacht, war nicht mehr viel
los. Durch die Einladung zum Abendessen von meiner Mutter, waren wir ja
schon spät auf den Zug gekommen, und entsprechend spät auch in der WG
angekommen. Andrea und Frank waren schon auf dem Weg ins Bett, und wir
machten uns auch nicht mehr die Mühe, auszupacken, sondern beeilten uns,
auch in die Falle zu kommen. Schließlich mussten Vanessa und ich am
nächsten Morgen zur Arbeit.
Aber wenigstens ein kleines Liebesspielchen ließen wir uns nicht
nehmen. Erst recht nicht, nachdem wir die Geräusche aus Andreas und
Franks Zimmer hörten. Im Bett fanden wir schnell eine Position, in der
wir zunächst jede Menge Zärtlichkeiten austauschen konnten. Ich auf dem
Rücken unten, und meine zwei Liebsten über mir. Ein wildes Küssen und
Aneinanderreiben war nur der Einstig. Bald schon schob sich Vanessa
etwas höher, und hielt Mareike und mir ihre Brüste hin. Wir verstanden
sofort, und dann wurden ihre zarten rosa Knospen von unseren Zungen und
Lippen umspielt. Doch nicht nur das, wir hatten auch beide gleichzeitig
die Idee, je eine Hand zu Vanessas Heiligtum zu schicken. Zunächst
herrschte etwas Uneinigkeit, aber kurz darauf spielten Mareikes Finger
an Vanessas Kitzler, während ich mich um ihre weichen Schamlippen und
den Spalt dazwischen kümmerte.
Es dauerte nicht lange, und Vanessa konnte diesem Ansturm kaum
noch Stand halten. Sie schob Mareike von mir herunter, neben mich auf
den Rücken. Aber nicht, um sich nun über mich her zu machen, nein, sie
stürzte sich stattdessen auf Mareike und hauchte mir noch zu: "Nimm mich
von hinten, schnell!". Mmmmh, Hündchen, eine meiner
Lieblingspositionen. Vanessa und Mareike führten die Kussorgie längst
schon fort, als ich mich hinter Vanessa kniete und meine Spitze an ihren
Spalt führte. Etwas weiter unten, sah ich, wie sich Vanessas Finger
schon an Mareikes feuchtem Döschen betätigten, und dabei die
hervorquellende Feuchtigkeit großflächig über den geschwollenen
Schamlippen verteilten.
Ein paar Mal strich ich durch Vanessa hindurch, bis genügend
Gleitmittel vorhanden war, dann konnte ich mich langsam in ihrem
Liebestunnel versenken. Ich dachte nur: "Jetzt bin ich wirklich zu
Hause.".
Ich liebe diesen Anblick. Ja, ein schöner Rücken kann wirklich
entzücken. Insbesondere, wenn er durch einen straffen, runden Hintern
abgeschlossen wird, und man sich an der Hüfte festhalten kann. Und unter
Vanessa lugte Mareikes Haarschopf hervor. Ebenso wie ein zweites paar
Arme, die an Vanessas Seite und ihrem Rücken entlang strichen.
Schließlich schlangen sich Mareikes Arme um Vanessa und zogen sie
herunter. Durch die enge Verbindung der Beiden, wurden nun meine Stöße
auch auf Mareike übertragen.
Das Seufzen und Stöhnen der Beiden wurde intensiver, bis die ersten Zuckungen durch ihre Körper strömten. Schließlich pulsierte Vanessas Liebeshöhle wild um meinen Schaft. Das gab mir dann auch den Rest und ich stieß mich noch einmal tief in Vanessas bebenden Körper, um meine Ladung tief in ihr zu deponieren.
Verdammt!! Was mache ich hier bloß? Ich schreibe über Sex mit Vanessa und Mareike, während mein bester Freund im Krankenhaus liegt? Haben mich die Allochondrien wahnsinnig gemacht? Besser, ich springe mal ein bisschen weiter. Wie wäre es mit grundsätzlichem zum Mittwoch?
Also, ich kürze hier mal ein bisschen ab, auch wenn ich gerne
darüber schreiben würde, wie mich Mareike wieder mal aufgeweckt hat (mit
einem sanften Ausritt).
Andrea und Frank brachten uns am Frühstückstisch auf den neuesten
Stand, was Xiaoli betraf: am Samstag nahmen sie sie mit auf eine kleine
Party bei ein paar Kommilitonen von Andrea. Nichts wildes, einfach nur
ein fröhliches Beisammensein. Zuvor hatte Andrea sie noch herausgeputzt.
Xiaoli bekam von ihr ein Kleid und obendrauf noch Makeup verpasst. Aber
nicht so ein Vamp-Styling, wie damals bei Vanessa, sondern etwas
dezenteres, wie sie es nannte, etwas, das die weicheren Gesichtszüge bei
Xiaoli, und ihre großen Augen, hervorhob.
So hergerichtet, nahmen sie also Xiaoli mit auf die Party, und
stellte sie dort den freien und netten Jungs vor. Laut Andrea war das
gar nicht so einfach, da sich Xiaoli sehr zurückhaltend verhielt. Eben
so, wie es ihre chinesische Herkunft von ihr verlangte.
Als sie mit allen durch waren, schien sich Xiaoli endlich etwas zu
lockern, und fing auch das ein oder andere Gespräch an. Irgendwann
meinte Andrea dann, ihr Ziel erreicht zu haben: Xiaoli unterhielt sich
endlich etwas intensiver mit einem Jungen. Andrea verdrückte sich
daraufhin mit Frank zu einer anderen Gruppe, um den Beiden eine Chance
zu geben, sich intensiver zu beschnuppern.
So weit lief also alles ganz gut. Bis der Junge plötzlich neben Andrea stand, und fragte, wo Xiaoli sei. Er war kurz auf die Toilette verschwunden, und sie hatte ihm versprochen, zu warten. Aber als er zurückkam, war sie nicht mehr da. Andrea und Frank hatten sie daraufhin auf der ganzen Party gesucht, aber sie blieb verschwunden.
Sie blieb wirklich verschwunden. Auch am nächsten Tag war
nirgendwo eine Spur von ihr. Andrea klopfte und klingelte immer wieder
an ihrer Wohnungstür, aber da war keine Reaktion und nicht das geringste
Geräusch. Sonntag und Montag versuchte sie noch, Xiaoli über ihr Handy
zu erreichen, aber es klingelte nur, ran ging niemand. Ab Montag Abend
kam dann die Ansage, dass der Teilnehmer nicht erreichbar sei.
Andrea verständigte auch die Polizei, aber die wiegelte ab, dass sie
hier nichts tun könnten, und Xiaoli wahrscheinlich bei jemandem
übernachten würde. Das sei in ihrem Alter und unter den Umständen, seit
dem Kometen, nicht ungewöhnlich. Oder, sie hat sich heimlich wieder nach
China begeben.
Die letzte Möglichkeit hielten wir alle für Quatsch, war sie doch
regelrecht aus China geflohen, weil sie es nicht mehr ertragen konnte.
Warum sollte sie nun dahin zurück wollen?
Andrea hoffte so sehr, dass Xiaoli wirklich bei einem Typen in der
Kiste gelandet war, aber irgendetwas in ihr gab ihr ein schlechtes
Gefühl. Xiaoli hätte doch wenigstens eine SMS schicken können.
Stattdessen blieb sie wie vom Erdboden verschluckt. Wurde sie vielleicht
entführt? Ermordet? Oder hat sie sich selbst was angetan?
Alles nur Spekulationen, aber egal, was es war, es war beunruhigend.
Offenbar dachte jeder von uns Etwas in dieser Richtung, und Mareike
schien es am meisten mitzunehmen.
"Kann ich mit zu dir ins Labor kommen?", Mareikes Stimme hatte
etwas zittriges an sich. Natürlich nahm ich sie mit. Am liebsten hätte
ich auch Vanessa mitgenommen, aber wie ich schon schrieb: oft ist sie
die Stimme der Vernunft, so auch an diesmal: "Wir sollten versuchen,
erst einmal Normalität herzustellen. Und die Miete zahlt sich auch nicht
von alleine.".
So trennten sich also gestern Morgen unsere Wege vor der Haustür.
Mareike war den ganzen Tag recht still und in sich vertieft. Sie
richtete sich im Labor wieder in der Ecke ein, die sie letzten Freitag
schon genutzt hatte. Heute hatte sie aber wirklich ihre Ruhe. Ich kam
nur ab und zu vorbei, um nach ihr zu sehen, oder ihr einen Tee zu
bringen. Einmal erwischte ich sie dabei, wie sie auf eine freie Stelle
auf dem Tisch starrte. Ich schnappte mir den Stuhl neben ihr, drückte
ihr eine frische Tasse Tee in die Hand und fragte sie, ob sie vielleicht
reden will. Aber sie schüttelte nur den Kopf.
Ich wollte schon wieder gehen, aber dann hielt sie mich am Arm fest
und zog mich auf den Stuhl zurück: "Sie ist ganz allein. Wenn sie noch
lebt, ist sie nicht mehr sie selbst.", mehr nicht. Dann schwang sie sich
auf meinen Schoß und schlang die Arme um mich. So blieben wir sitzen,
bis es Zeit war, in die Mensa zu gehen.
Ich fragte mich, ob sie vielleicht mehr wusste, als sie zugab. Oder ob es nur Gefühle waren. Oder hatte sie, während des Vorfalls im Treppenhaus, etwas von Xiaolis Allochondrien unterbewusst übermittelt bekommen? Etwas, wofür nur sie empfänglich war, weil sie das Selbe durchgemacht hatte?
Auch nach der Mittagspause blieb sie still, war aber wieder auf
ihren Stoff konzentriert. Zu einem Flashback, oder was es war, kam es,
soweit ich beurteilen konnte, nicht mehr.
Schließlich rückte der Feierabend näher. Ein Vorteil, wenn sie im
Labor lernte war, dass sie ihr Zeug bis zum nächsten Tag liegen lassen
konnte, und nicht alles immer mit sich rumschleppen musste. Dafür
mussten wir aber noch den Einkauf schleppen.
Hoffentlich nicht mehr lange. Sobald mein Bruder mir das erste Geld
überwiesen hat, suche ich mir ein kleines, gebrauchtes Auto.
Wir waren gerade mit den Einkäufen vor dem Haus angekommen, als
wir einige laute Geräusche durch die Haustür hörten. Rumpeln, Krachen,
und Schreie in mindestens zwei Tonlagen.
Nach einem kurzen, stummen Blickwechsel mit Mareike, öffnete ich die
Haustür und entgegen kamen uns klare Geräusche von weiter oben,
vielleicht sogar von ganz oben. Und dann ein Hilfeschrei, eindeutig von
Frank! Dazwischen irgendwie unmenschliche Schreie in einer höheren
Tonlage. Mareike flüsterte nur "Xiaoli!" und schon stürmten wir, vorbei
an den Nachbarn, die gaffend die Treppenabsätze verstopften, nach oben.
Beide Wohnungstüren waren offen, aber der Krach kam aus unserer WG.
Und schon der nächste Schockmoment: Frank lag in der
Andreaskreuz-Position rücklings auf dem Boden. Seine Beine waren
bestenfalls noch mit Resten seiner Jeans bekleidet, jedenfalls lagen
einige Stoffetzen davon herum. Also, ich ging davon aus, dass er es war.
Außer seinen Armen, sah ich sonst nichts mehr von seinem Körper, denn
über ihm war ein Wesen, das frisch einem Horrorfilm entsprungen sein
konnte: Lange, schwarze Haare hingen dem Wesen über den ganzen Kopf
herunter und verhüllten ihn rundherum wie einen Vorhang. Der nackte
Körper schimmerte gräulich und unter der Haut der Gliedmaßen schienen
kräftige Muskelpakete zu zucken. Das Ding lag mit dem Kopf zur Tür, also
umgekehrt zu Frank, auf ihm und hämmerte seinen Kopf immer wieder dort
hin, wo Franks Hüfte sein musste.
Die Hände dieses Zombies krallten sich an Franks Unterschenkeln
fest, und hielten sie im rechten Winkel geöffnet, während die Beine des
Zombies, Franks Arme auf den Boden pressten.
Als das Wesen mich bemerkte, hob es kurz den Kopf und ließ einen
markerschütternd grellen Schrei von sich, der garantiert noch im
Hinterhof des gegenüberliegenden Hauses zu hören war. Währenddessen sah
ich Schemenhaft das bleiche Gesicht einer Asiatin zwischen den schwarzen
Haarsträhnen hindurch, und den zornverzerrten Ausdruck in ihren Augen.
Dass ich alleine gegen einen Zombie keine Chance hatte, wusste ich noch von dem Vorfall, damals im Park mit Vanessa. Aber vielleicht mit einem Schlaginstument? Ich drückte mich an dem Horrorszenario vorbei in die Küche und holte eine große Pfanne. Danach einmal kräftig ausholen und "DONG!" - Der Zombie rollte bewusstlos von Frank herunter und blieb erschlafft an der Wand liegen. Frank krümmte sich unterdessen in die entgegengesetzte Richtung vor Schmerzen.
"Mareike!", rief ich ins Treppenhaus, aber keine Reaktion. Sie stand kreidebleich am Geländer und starrte in den Flur. Ich ging hinaus und packte sie an den Schultern: "Mareike, sieh mich an! Konzentrier' dich!", langsam wanderten ihre Augen höher und unsere Blicke trafen sich, "Ruf 112 an, die sollen einen Krankenwagen schicken, besser zwei. Bleib so lange dran, bis sie sagen, dass du auflegen kannst. Beantworte die Fragen. Verstanden?". Mareike nickte nur hastig und zog dann ihr Handy raus. Zeit, mich um Frank zu kümmern. Er hielt sich einen Arm fest an die Brust gedrückt - gebrochen. An seinem Hinterkopf klebte Blut, und auch aus seiner Nase kam ein Rinnsal. Dazu hatte er noch Schmerzen an der Seite, die ihn beim Atmen behinderten. Aber er schien soweit klar und abgesehen von den Schmerzen, kam er auch langsam runter. Naja, ER kam wieder runter. Sein Ding stand geschwollen und mit ein paar Bissspuren von seiner Hüfte ab. Ein Anblick, den ich gerne nie erlebt hätte.
Ich sah hinüber zu dem Zombie. So bewusstlos, schien sie vollkommen harmlos zu sein. Ein zierlicher Frauenkörper, allerdings in einer ungesunden Farbe und mit kaltem Schweiß bedeckt. Ihre Haare hingen ihr übers Gesicht und verdeckten es komplett. Jetzt erst bemerkte ich fast fingerdicke Seile, die mehrmals um ihre Handgelenke und Knöchel gewickelt und verknotet waren. Je ein Ende der Seile schien zerrißen zu sein, das Andere war sauber abgetrennt und verschmolzen.
"Die Krankenwagen kommen bald.", sagte Mareike leise, als sie den
Flur betrat. Sie sah besorgt auf Xiaolis regungslosen Körper herab und
hockte sich schließlich daneben, um ihr die Haare aus dem Gesicht zu
streichen. "Sie lebt noch.", bestätigte sie, als sie den Puls am Hals
überprüfte und auch ein leichtes heben und senken der Bauchdecke
bemerkte. Mareikes Hand kehrte wieder zu Xiaolis Kopf zurück und
streichelte sanft über die glatten Haare.
"Geh weg von ihr!", befahl ich ihr, "Frank ist schon
Krankenhausreif! Ich will nicht, dass dir auch noch was passiert!", aber
sie ignorierte mich. Stattdessen hob Mareike Xiaolis Arm an und besah
sich das Seil am Handgelenk: "Xiaoli, was ist mit dir passiert?", fragte
sie mehr sich selbst, als die bewusstlose Asiatin vor sich.
Warum vergeht die Zeit eigentlich immer so langsam, wenn man dringend einen Krankenwagen braucht?
Ich hielt die Pfanne wieder fest am Griff, für den Fall, dass der
Zombie auch nur zucken würde, aber selbst nachdem die Sanitäter Xiaoli
auf eine Trage gewuchtet hatten, blieb ihr Körper schlaff darauf liegen.
Vorsichtshalber fixierten sie Xiaoli trotzdem mit schweren
Lederbändern. Frank holten sie erst danach ab.
Andrea und Vanessa kamen fast zeitgleich zurück, gerade um noch
mitzuerleben, wie Frank unter Schmerzensschreien auf die Trage gehoben
wurde. Irgendwie kam erst dann bei mir der Zusammenbruch. Ich spürte,
wie ich zitterte und meine Hand schmerzte, weil sie noch immer um den
Pfannengriff gekrampft war. Vanessa musste mir dabei helfen, meine Hand
zu öffnen, danach geleitete sie mich auf die Sitzecke in der Küche und
dirigierte auch Mareike darauf. Sie selbst setzte sich zwischen uns, und
nahm uns je links und rechts in die Arme.
Das Zittern breitete sich auch in meinen Mund aus, weswegen ich erst
aufhörte zu stottern, als zwei Polizisten die Wohnung betraten. Auch
gut - so musste ich nur einmal erzählen, was passiert war. Die
Polizisten schauten sich danach auch noch Xiaolis Wohnung an und
fragten, ob wir etwas von einem Kampf, oder einem Überfall mitbekommen
hätten, aber mit der Erklärung, dass es wahrscheinlich Xiaoli selbst
war, gaben sie sich zufrieden. Zu oft hatten sie inzwischen Wohnungen
gesehen, die ein Zombie vor seinem Amoklauf selbst noch zertrümmert hat.
Deswegen unternahmen sie ansonsten nichts mehr, und machten sich
stattdessen auf den Weg in die Klinik.
Ich glaube, wir saßen eine Stunde noch so, bis ich mir einen
Kaffee machen konnte, ohne ihn gleich wieder zu verschütten. Zu dem
Zeitpunkt endete auch Mareikes Schockzustand. Als ich mich gerade
umdrehte, warf sie sich unvermittelt an Vanessas Hals und heulte, was
das Zeug hielt. Während Vanessa bemüht war, sie so gut es ging zu
beruhigen, machte ich ihr gleich auch noch ihren Lieblingstee und für
Vanessa auch einen Kaffee.
Einen Liter Tränen später, hob sie endlich wieder ihr Gesicht aus
Vanessas Schulter, die inzwischen mit Wasser und Rotz getränkt war. "Wir
müssen auch noch ins Krankenhaus.", Vanessas Stimme war sanft und
ruhig, "Andrea und Frank brauchen noch Sachen für die Nacht.". Die
Chatnachricht war irgendwann bei Vanessa eingegangen, als ihre Arme
damit beschäftigt waren, uns festzuhalten.
Während Vanessa Zahnbürsten, Handtücher und dergleichen
zusammensammelte, bemerkte ich, dass unsere Wohnungstür die ganze Zeit
offen stand. Ebenso wie die von Xiaoli. Ich bin normalerweise nicht so
neugierig, aber irgendetwas zog mich hinüber. Die Wohnung sah
katastrophal aus. Scherben, Zerbrochenes und allerlei Gegenstände lagen
auf dem Boden. Bilder hingen schief an den Wänden, Schranktüren und
Schubladen standen offen, oder waren teilweise herausgerissen. Ja, auch
eine Schranktür war herausgerissen und lag auf dem Boden in ihrem
Schlafzimmer. Und am Bett - das fingerdicke Seil an den Bettpfosten.
Ebenso mehrmals herumgewickelt und verknotet. Ein Ende sauber
abgeschnitten und verschmolzen, das andere, längere Ende, abgerissen.
Hat sie jemand ans Bett gefesselt? Und wie konnte dieses starke Seil
reißen? Seltsam war, dass die Seile an den Bettpfosten am Fußende, sowie
eines am Kopfende, normal festgeknotet waren, aber das vierte Seil mit
einem Vorhängeschloss fixiert wurde.
Ich starrte auf das Bett und Bilder von möglichen Szenarien
flatterten vor meinem inneren Auge vorbei. Das war nicht schön. Ein Bild
war beunruhigender als das Andere. Zum Glück holte mich Vanessa aus
dieser Starre, als sie rief, dass wir gehen konnten, sie hätte alles
beieinander.
Ich suchte schnell noch einen Schlüssel zu Xiaolis Wohnung und wurde auf dem Boden vor dem Schlüsselbrett fündig. Danach sperrte ich ab und begleitete Vanessa und Mareike zur Bushaltestelle.
Im Krankenhaus: Frank sah inzwischen etwas besser aus. OK, die
Verbände verdeckten das Meiste. Zum Beispiel die Nase, die nur
angeknackst war, der Arm war in Gips, Elle und Speiche gebrochen, sowie
ein Kopfverband, für die große, blutige Beule auf der Rückseite. Die
kleineren Schnitte und Schürfungen waren meist mit Pflastern versorgt.
Wie war das alles passiert? - Frank war vor uns Allen zu Hause, und
wollte sich gerade was zu essen machen, als es an der Tür klopfte. Ohne
sich etwas dabei zu denken, öffnete er, und wurde sofort von Xiaoli
überfallen und rückwärts auf den Boden geworfen. Von da an, sagte er,
war Alles irgendwie nur noch ein Abwehrkampf gegen einen Gegner, der
drei Mal so schnell und zehn Mal so stark wie er schien. Als er Xiaoli
am Hals zu fassen bekam, führte sie nur einen Schlag aus, und höllische
Schmerzen durchfuhren seinen Arm. Danach war er nicht mehr fähig, ihr
irgendetwas entgegenzusetzen. Nicht einmal, als sie seine Hose wie ein
wildes Tier in Fetzen riß und sich danach an seinem Ding festsaugte. Er
konnte nicht anders, Xiaoli saugte so übermenschlich fest, dass er
unweigerlich eine Erektion bekam.
Irgendwie schaffte sie es dann auch noch, ihn so sehr zu reizen,
dass er einen "Zwangsorgasmus" erlitt, wie er es nannte. Nicht das
schöne Gefühl, das man normalerweise dabei hat, eher ein schmerzhafter
Stromschlag, der Alles zusammenzucken lässt. Auch war es nicht nur
einer, sondern gleich drei in schneller Folge. Keine Ahnung, wie Xiaoli
das schaffte.
Dann machte es irgendwann "Dong!", und es war vorbei.
Konnte das sein, oder übertrieb Frank nur? Konnten die Allochondrien solch eine Kraft in einem so kleinen und zierlichen Menschen wecken? Wie hielt Xiaolis Körper das nur aus, ohne selbst zu zerbrechen?
Wir verließen die Klinik weit nach den offiziellen Besuchszeiten,
und als wir endlich wieder zu Hause waren, fielen wir schnell ins Bett
und kuschelten zusammen. "Könntest du heute Nacht bitte die Tür zu
schließen?", flüsterte Mareike. Natürlich stand ich nochmal auf und
drehte den Schlüssel zu unserer Zimmertür - zweimal. Ist zwar eigentlich
zwecklos, aber wenn es sie beruhigt, dann ist es auf jeden Fall gut so.
Links und rechts klammerten sich die Beiden danach an mich und dann
war Stille. Geschlafen haben wir aber lange nicht. Erst nach einer
gefühlten Ewigkeit bemerkte ich, wie erst Vanessas und dann auch
Mareikes Atmung langsamer wurde. Und dann war auch ich weg.
Irgendwann bemerkte ich ein warmes Gewicht auf mir und Hände auf meiner Brust. Keine Bewegung, kein Geräusch. Ich öffnete die Augen und sah Mareikes brünetten Haarschopf auf mir. Ihr Kopf lag auf ihren Händen. Kaum dass ich mir ihre Haare durch die Finger gleiten ließ, hob sie schon den Kopf und sah mich an. Leider mit einem besorgten bis traurigen Gesicht. "Ich möchte heute Xiaoli besuchen.", flüsterte sie. Kein "Guten Morgen.", kein Lächeln. Ich strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht: "Und was, wenn sie es nicht geschafft hat?". "Was, wenn sie es geschafft hat?", wandte sie ein, "Sie hat doch niemanden.". Da hatte sie recht. Ich versprach ihr, dass wir nach ihr sehen würden, wenn wir ins Krankenhaus kommen, aber ich wollte nicht, dass sie da alleine hin geht. Ich wollte erst mit ihr ins Labor, da könnte sie vielleicht noch ein wenig an ihrer Arbeit schreiben, bis ich nach allem gesehen habe, und am Nachmittag könnte ich dann vielleicht früher Schluß machen und gleich ins Krankenhaus gehen.
Viel mehr gibt es über den Vormittag nicht zu berichten. Wir
erhielten lediglich noch eine Nachricht von Andrea, die direkt von der
Klinik zur Arbeit gefahren war, dass wir noch ein Paar Klamotten für die
Zwei in die Klinik bringen sollten, Franks Aufenthalt könnte doch
länger dauern, und Andrea werde die Nächte auch in der Klinik
verbringen. Vanessa packte Alles zusammen, und gab mir die Tasche mit in
die Hochschule.
Das Fehlen von Andrea und Frank war wie ein schwarzes Loch in der
WG, das alle guten Emotionen aufsog. Wenn sie zu ihren, oder seinen
Eltern gefahren waren, war dieses Loch nicht da. Diesmal ist es anders.
Zudem wurde uns klar, dass Zombies von nun an zum Leben dazu gehören
würden. Nicht so viele wie damals, als Vanessa angegriffen wurde.
Damals gab es eine regelrechte Welle von ihnen, und bald darauf schienen
sie verschwunden zu sein. Aber das waren sie nie. Immer mal wieder
tauchte einer auf, das weiß ich jetzt, nachdem ich in den
Lokalnachrichten nachgelesen habe.
Jeder von uns könnte zu einem Zombie werden. Die Hoffnung ist, dass man sicher ist, solange man sexuellen Kontakt hat.
Im Labor setzte sich Mareike wortlos an ihren Platz und schlug
ihre Bücher und den Laptop auf. Ebenso ging ich an meine Arbeit.
Wenigstens lenkt das ab.
Ramona merkte schnell, dass etwas nicht stimmte, und so erzählte ich
ihr, was gestern passiert war. Sie bot mir danach an, dass sie sich am
Nachmittag um alles kümmern würde, dann könnte ich mit Mareike gleich
nach dem Mittagessen in die Klinik. "Und die Stechuhr?", gab ich ihr zu
bedenken, denn schließlich hatten wir auch Kernarbeitszeiten. Aber sie
grinste nur: "Lass deine Karte da, ich kümmere mich darum. Und wenn dich
jemand sucht, bist du eben gerade auf der Toilette, oder irgendwo in
der Hochschule unterwegs. Und morgen früh logge ich dich auch wieder
ein.". Verschwörerisch grinste ich zurück. Dafür hat sie definitiv was
gut bei mir. Aber das muss die Ausnahme bleiben.
Also, Mittagessen und dann ab in die Klinik.
Frank hatte tatsächlich ein Doppelzimmer für sich alleine bekommen.
Naja, eigentlich stimmt das so nicht ganz, denn Andrea hat ja auch dort
übernachtet. Irgendwie schon merkwürdig, aber eine Schwester erklärte
uns, dass das inzwischen normal sei, dass die Partner von Patienten oft
auch gleich einquartiert werden. Erstens ist inzwischen genug Platz
vorhanden, Zweitens nehmen sie dem geschrumpften Klinikpersonal Arbeit
ab, indem sie ganz automatisch kleinere "Pflegearbeiten" übernehmen, und
Drittens brauchen die Patienten ja auch während ihrem Aufenthalt ihre
"Medizin". So gesehen eine win-win-win-Situation.
Und wie geht es Frank? - Nun, den Umständen entsprechend. Er hat eindeutig eine Gehirnerschütterung, zum Glück eine Leichte, mit Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel. Deswegen wollen sie ihn vielleicht noch ein, zwei Tage da behalten.
Bizarr wurde es allerdings, als die Visite kam: Erst war alles ganz normal, der Arzt leitete ein, dass Frank von einem Zombie angefallen wurde, mit Gehirnerschütterung, gebrochenem Arm und geprellten Rippen, dann noch ein "Wie geht es ihnen?" und einer kurzen Erklärung, wie er weiter behandelt wird (Ruhe, Schmerzmittel). Soweit nichts Besonderes, aber zwei der Weißkittel blieben im Raum, während die restliche Horde weiterzog. Sie stellten sich als die behandelnden Ärzte von Xiaoli vor, und fragten, ob Mareike und ich das Zimmer verlassen könnten, weil sie etwas Intimes mit ihm besprechen müssten. Frank lehnte jedoch ab: "Er ist mein bester Freund, und hat mich vor dem Zombie gerettet, er bleibt!". Die beiden Ärzte sahen sich zunächst ratlos an, rangen uns dann aber das Versprechen ab, alles von dem folgenden Gespräch absolut vertraulich zu behandeln.
Sie erklärten erst einmal den Zustand von Xiaoli. Zwar habe sie
eine Kopfverletzung erlitten, aber ansonsten gehe es ihr körperlich gut.
Sie nannten sie eine "Wiedergängerin". Nicht wie die unheilbringenden
Geisterwesen, oder lebenden Toten aus alten Geschichten, sondern ein
Allochondrien-Zombie, der wieder normal wurde. Die Bezeichnung hat sich
in der Wissenschaftswelt so durchgesetzt, wenn es auch nicht die
offizielle Bezeichnung ist.
Leider hat die Medizin mit den Wiedergängern noch keine Erfahrung,
weswegen Xiaoli nicht nur Patient, sondern auch Forschungsobjekt ist.
Außerdem geht es um Forschungsgelder. "Dann ist sie jetzt wieder
normal?", freute sich Mareike schon, doch wurde sie von den Ärzten
enttäuscht: "Sie ist körperlich normal, aber leider vollkommen
apathisch. Keine Sorge, das kommt nicht von der Kopfverletzung, das ist
bei allen Wiedergängern so.". Xiaoli reagierte demnach noch nicht einmal
auf die vielen Nadeln, mit denen ihr diverse Körperflüssigkeiten zur
Untersuchung abgenommen wurden, und nimmt auch keine Nahrung auf,
weswegen sie schon am Tropf hängt. Bei dieser Beschreibung fing Mareike
leise an zu weinen und klammerte sich an meinen Oberarm.
Danach rückten sie kleinlaut und peinlich berührt mit ihrem eigentlichen Anliegen raus: "Wir ... ähäm ... bräuchten eine Spermaprobe von ihnen.". Uns Dreien klappte der Unterkiefer runter: "Ich habe eine Gehirnerschütterung, keine Potenzprobleme!", platzte Frank schließlich raus. Die zwei Ärzte kamen immer mehr ins Schlingern und erklärten weiter, dass das für Xiaoli sei. Sie hätten eine Vermutung, wie vielleicht eine Reaktion zu erreichen wäre. Ab diesem Punkt mussten wir ihnen die Informationen einzeln aus der Nase ziehen. Sie hatten vor, ihr gleich mehrere Proben zu "servieren", unter Anderem eben auch von Frank, da Xiaoli von ihm "gekostet" habe. Ein erster Versuch mit Proben von Klinikpersonal habe nichts erbracht.
Wir waren fassungslos. Die wollten Xiaoli allen Ernstes mit Sperma füttern?
Die Zwei liefen knallrot an. Und plötzlich meldete sich Mareikes
sanfte Stimme: "Tu es. Vielleicht kannst du ein Leben retten.". Frank
ließ sich breit schlagen, gab aber zu bedenken, dass er dafür Andrea
bräuchte, sein Arm ließe das gerade nicht zu. Die Ärzte atmeten deutlich
auf, versorgten ihn noch mit einem Becher, und sagten ihm, wo er sich
melden sollte, wenn er so weit wäre.
Sie wollten gerade gehen, als Mareike aufsprang und sie aufhielt:
"Ich will sie sehen, jetzt sofort!". So kannte ich sie gar nicht (mehr).
Ihre Stimme war plötzlich so fest und bestimmend, wie seit der alten
Mareike nicht mehr. Wieder sahen sich die Ärzte kurz an und meinten nur:
"Dann folgen sie uns.".
Natürlich ging ich mit, ich kann Mareike doch nicht alleine mit Xiaoli in einem Zimmer lassen, oder?
Durch das Labyrinth von Gängen, Treppen und automatischen Türen,
führten sie uns immer tiefer in die Eingeweide des Krankenhauses.
Irgendwann gab es keine Fenster mehr. Wir waren im Kellergeschoß
angekommen. Hier waren eigentlich die OP-Sääle und Vorbereitungsräume,
aber für Xiaoli hatten sie einen Raum zur Überwachung hergerichtet. Der
Raum hatte ein Fenster zum Gang, und davor stand eine Kamera auf einem
Stativ, die auf Xiaoli gerichtet war. Drinnen erhellte schummriges, aber
kaltes Licht den Raum. In der hinteren Ecke war Xiaolis Bett und
daneben ein paar Gerätschaften zur Überwachung, und ein Tropf.
Xiaoli lag in Fötusstellung auf dem Krankenbett und starrte ins
Nichts. Sie trug einen von diesen krankenhausgrünen Patientenkitteln,
die hinten offen sind. Ihr Gesicht war frei, jemand hatte ihre Haare
gekämmt, oder zumindest geordnet, und mit einem Haargummi im Nacken
zusammengebunden. Ihre Gesichtsfarbe war wieder zurückgekehrt, auch wenn
das künstliche Licht in dem Raum nicht alle Farben davon erkennen ließ.
Mareike schniefte und eine Träne rollte ihre Wange hinunter: "Ich
will zu ihr.". "Das geht nicht. Sie ist ...", weiter kam der Arzt nicht
und schon wurde er von Mareike niedergeschrien: "ICH WILL ZU IHR!
SOFORT!", sie stampfte sogar mit dem Fuß. Die Beiden zuckten zusammen,
sahen sich wieder kurz an und dann zückte einer einen Schlüsselbund und
öffnete die Tür.
Ganz langsam ging Mareike auf das Bett zu und hielt dabei meine
Hand so fest, dass meine Finger kaum noch durchblutet wurden. Bei Xiaoli
war keine Reaktion zu bemerken. Die einzigen Bewegungen, die irgendwie
sichtbar waren, waren ein seltenes Blinzeln und ihre Atmung. Nicht
einmal, als sich Mareike vorsichtig auf die Bettkante setzte, rührte
sich irgendetwas an ihr.
Sachte legte Mareike ihre Hand auf die glatten, schwarzen Haare und
strich an ihnen entlang. Einmal, und noch ein Mal. Plötzlich zuckte
Xiaolis Hand unter der Bettdecke. Ich war kurz davor, Mareike
wegzureißen, aber die Bewegung war zu langsam und zu schwach. "Mach' die
Kamera an! Los, schnell!", wurde einer der Ärzte hastig, und der Andere
sprang zu einer Kamera, ebenfalls auf einem Stativ, die von der anderen
Wand auf Xiaoli zeigte.
Währenddessen kroch die Hand immer weiter auf Mareike zu. Dann am
Oberschenkel hoch, bis sie schließlich Mareikes Hand darauf ertastete
und schwächlich zugriff. Kein fester Griff, nur zwei Hände, die zärtlich
ineinander lagen.
Der Ärmel ihres Patientenkittels war dadurch so weit verrutscht,
dass nun ihr Handgelenk freigelegt war. Das Seil darum war verschwunden,
was darunter aber nun zum Vorschein kam, war rote, aufgeschürfte Haut,
die noch immer in mehreren Ringen um ihr Handgelenk führte.
Und dann bewegte sich Xiaolis Kopf. Die beiden Ärzte waren kurz vorm
durchdrehen. Xiaolis Körper öffnete sich genauso langsam, wie zuvor
ihre Hand. Ihr Kopf stieß an Mareikes Oberschenkel, wurde angehoben und
schob sich dann langsam darauf, wo er letztendlich zum Liegen kam.
Ursprünglich hatte ich Angst, dass Xiaoli Mareike etwas antun könnte, aber diese Szene war mehr als friedlich. Xiaolis Kopf lag in Mareikes Schoß und wurde weiterhin zärtlich gestreichelt, während die Beiden auch noch Händchen hielten. Aber nun machte ich mir Sorgen um die Ärzte. Noch ein wenig mehr Aufregung, und sie hätten höchstwahrscheinlich einen Herzinfarkt erlitten. Einer rannte schließlich auf den Gang hinaus und schrie: "Kommt schnell, der Wiedergänger reagiert!". Der Andere stürmte fast auf Mareike zu und fragte überschwänglich: "Was haben sie gemacht? Was ist passiert? Woher wussten sie das?". Seine Fragen warteten gar nicht auf Antworten, bis Mareike einschritt: "Schhhhhh! Sie braucht Wärme.".
Der Arzt war perplex. Das war etwas, das man nicht in Tabletten
oder Spritzen verabreichen konnte. Aber er schien doch ein wenig zu
verstehen. Seine hereinstürmenden Kollegen hielt er mit ausgebreiteten
Armen zurück und mahnte sie zur Ruhe, bevor alle zusammen den Frieden
auf dem Krankenbett bewunderten.
Danach ging er langsam auf Mareike zu. Man sah ihm an, dass er total
aufgeregt war, trotzdem war seine Stimme so ruhig, wie nur irgend
möglich: "Denken sie, sie könnten die Patientin vielleicht aufsetzen?".
Mareike griff Xiaoli nur unter die Arme und dirigierte sie an die
aufgestellte Matratze des Bettes. Nicht mit Kraft, das machte Xiaoli
selbst, Mareike gab nur die Richtung vor und setzte sich gleich danach
wieder neben sie, um ihr weiter die Hand zu halten.
Plötzlich hielt der Arzt Mareike ein Glas hin: "Könnten sie ihr
das geben? Ist nur Wasser.". Die Weißkittel hinter ihm kamen einen
Schritt näher und bestaunten alles, als wäre es ein Weltwunder.
Ich verstand das zu diesem Zeitpunkt nicht so ganz, was ist schon
dabei, wenn jemand einem Anderen etwas zu trinken gibt? Auch für Mareike
war es etwas ganz Normales. Sie führte das Glas an Xiaolis Lippen und
gab ihr zu trinken. Ein Raunen ging durch die Weißkittel.
"Und jetzt noch das.", der Arzt hielt Mareike ein Glas mit einem
orangenen Brei und einem Löffel darin hin, "Ist Babybrei. Ähm, Karotte,
glaube ich.".
Mareike setzte sich Xiaoli gegenüber und führte den ersten Löffel zu ihrem Mund. Xiaolis fragenden Blick beantwortete sie nur mit einem sanften Lächeln und etwas Kopfnicken, dann öffnete Xiaoli den Mund und ließ sich bereitwillig füttern.
Das Ganze war irgendwie surreal. Eine Horde erwachsener und
studierter Menschen bestaunte eine Frau, die eine Andere mit Babybrei
füttert. Andy Warhol lässt grüßen.
Allerdings muss ich schon zugeben, irgendetwas schien zwischen
Mareike und Xiaoli abzulaufen. Irgendeine Form der Kommunikation. Nicht
mit Worten, Mimik oder Gestik, nein, irgendetwas Unterbewusstes, fast
wie Telepathie. Oder waren es die Pheromone, mit denen die Allochondrien
über die Grenzen der Körper hinweg miteinander kommunizieren?
Als die Beiden mit dem Brei fertig waren, blieb Mareike einfach nur
sitzen, nahm beide Hände von Xiaoli, und sie blickten sich lächelnd für
Minuten gegenseitig in die Augen. Bei den Weißkitteln kam indes Unruhe
auf. Sie wurden zwar nicht laut, begannen aber flüsternd und wild
miteinander zu diskutieren. Schließlich legte der Arzt, der Mareike die
Gläser gereicht hatte, ihr eine Hand auf die Schulter: "Könnten wir sie
draußen mal sprechen?". Mareike umarmte noch schnell Xiaoli und dann
verließ die ganze Horde den Raum.
"Was ist mit ihnen beiden passiert?", platzte er draußen sofort
heraus, "Wie haben sie das gemacht?". Mareike verstand die Fragen
überhaupt nicht: "Ich habe mich doch nur um sie gesorgt und ihr zu essen
und trinken gegeben.". So gesehen, verstand ich die Fragen ebenso
nicht, bis die Ärzte es uns erklärten: Xiaoli war nicht der erste
Zombie, der eingeliefert wurde, und auch nicht der erste Wiedergänger.
Der Unterschied zwischen Beidem erklärten sie damit, dass es den
Wiedergängern gelungen war "gewisse Körpersäfte", von ihrem Opfer zu
extrahieren, während die reinen Zombies das nicht geschafft hatten.
Aufgrund der fehlenden Stoffe für die Allochondrien sind alle
Zombies kurz nach der Einlieferung verstorben. Mehr als 24 Stunden lebte
keiner von ihnen. Auch blieben sie in ihrem manischen Zustand mit der
ungesunden Hautfarbe. So wie der Zombie, der damals Vanessa angefallen
hatte, der war doch auch am nächsten Tag tot.
Bis ein Pfleger einen Vorschlag machte, der zunächst überhaupt nicht
akzeptiert wurde. Ein weiblicher Zombie wurde eingeliefert und er
meinte: "Gebt ihr eine Ladung Sperma.". Die meisten Ärzte wollten ihn
schon aus der Klinik werfen und schließlich haben sie ihm zur Strafe die
Nachtschicht aufgebrummt. Oder hatten sie mit der Nachtschicht was
anderes bewirken wollen?
Jedenfalls hat der Pfleger dann doch seine Theorie getestet. Die
Nachtschicht kam ihm dafür gerade richtig, da kaum ein Arzt da war, der
ihn aufhalten konnte. Also hat er von sich selbst Sperma "extrahiert"
(jaja, Ärzte und ihre Fachbegriffe), und dem nächstbesten weiblichen
Zombie "oral verabreicht".
Die Ärzte staunten am nächsten Tag nicht schlecht, als dieser Zombie
dann noch lebte, und auf dem Weg der Besserung zu sein schien. Doch
auch sie war vollkommen apathisch und musste zur Ernährung an den Tropf
gehängt werden. Nichts half, um sie aus diesem Zustand heraus zu holen,
und schließlich stellte man fest, dass sie bald darauf wieder in den
Zombiezustand abzugleiten drohte.
Einige der Ärzte weigerten sich noch immer, den Patienten das
naheliegenste Medikament zu verabreichen, aber die Ärzte, die es
akzeptierten, suchten nun in der Klinik nach regelmäßigen Spenderinnen
und Spendern entsprechender Sexualstoffe.
So konnten sie die Wiedergänger wenigstens zeitweise am Leben erhalten. Zeitweise, denn sie erkauften damit bestenfalls eine Woche, plus/minus einen Tag, und dann verstarben die Wiedergänger doch. Schnell und ohne Vorwarnung. Plötzlich lagen sie tot im Bett. Deswegen die Kameras, die Ärzte erhofften sich irgendwelche Hinweise, was den Wiedergängern fehlte. Aber der Todeszeitpunkt lief immer gleich ab: sie atmeten tief aus, und nie wieder ein.
Und dann kam Mareike und führte sie alle vor, wie schon der
Pfleger, der den Ärzten gezeigt hat, wie man aus Zombies Wiedergänger
macht.
"Xiaoli könnte immer noch sterben?", Mareikes Stimme war zittrig,
als sie durch das Fenster zu Xiaoli sah. Der Arzt sah nur bedauernd
drein und nickte.
Und wie geht es jetzt weiter? Nun, eines haben die Ärzte dennoch gelernt, ein Widergänger reagiert nur noch auf die Sexualstoffe von der- oder demjenigen, die oder der sie zuerst damit versorgt hat. In Xiaolis Fall also Frank. Deswegen brauchen sie nun Proben von ihm, um Xiaoli bis auf Weiteres am Leben zu erhalten.
Als alle Fragen soweit geklärt waren, bat er Mareike, morgen früh gleich wieder in die Klinik zu kommen. Sie boten ihr sogar an, sie mit dem Taxi abholen zu lassen, damit sie pünktlich da sein konnte. Mareike sah aber nur durch das Fenster auf Xiaoli, die scheinbar wieder zur Statue erstarrt war. Währenddessen überschlug sich der Arzt mit weiteren Vergünstigungen, ohne zu merken, dass Mareike sich schon längst entschieden hatte: Gratisessen in der Kantine könne sie auch bekommen, sowie eine Aufwandsentschädigung und Arbeitskleidung. Mareike willigte ein, aber wegen Xiaoli, nicht weil der Arzt darum bat, oder wegen der Vergünstigungen. Sie wollte Xiaoli unbedingt wieder ins Leben zurückholen.
Mareike zog mich danach im Laufschritt durch das Labyrinth wieder zurück zu Frank und stürzte in sein Zimmer: "Du musst ihr unbedingt dein Sperma geben!". "Auch Hallo!", entgegnete ihr Andrea, die inzwischen an Franks Bett saß. Mareike erzählte den Beiden danach alles, was im Kellergeschoß passiert war, und welche neuen Informationen wir hatten. Sie überschlug sich fast in ihren Erzählungen, weswegen Andrea sie mehrfach ausbremste und Nachfragen stellte.
Ich glaube, Mareike hatte eine andere Reaktion erwartet. Andrea stand mit gesenktem Blick auf und ging ans Fenster: "Und dann? Ihr sagt, Xiaoli kann nur mit Frank weiterleben. Es fängt immer so an, oder? Ein schwaches Mädchen braucht Hilfe .... beim Umzug .... im Labor .... und jetzt zum überleben?". Andrea vergrub das Gesicht in den Händen und heulte drauf los. "Und das st...starke Mäd...chen bleibt all...ein zurück!", Andreas Stimme wurde immer wieder von Schluchzen unterbrochen.
Mareike verstand sofort, was los war, und nahm Andrea in die
Arme, während Frank und ich es erst noch verarbeiten mussten. Und Frank
hatte zudem noch einen Vorsprung: er wusste, dass Andrea schon von
mindestens zwei Freunden sitzen gelassen wurde. Im folgenden Gespräch
klärte mich Andrea schließlich auch auf. Ihr erster Freund kam nicht
damit klar, dass sie gerne eine bestimmende Rolle einnahm. Er half dann
mal bei einem Umzug aus und lernte dort eine Andere kennen, für die er
Andrea verließ. Ein späterer Freund, im Grundstudium, half einer
Kommilitonin "Ach, kannst du mir da mal zur Hand gehen, das ist so
schwer.". Plötzlich waren die Beiden immer öfter zusammen zu sehen, aber
er mit Andrea immer weniger, bis Andrea schließlich ganz abgeschoben
wurde.
Und jetzt hat sie die gleichen Ängste mit Frank. Endlich einer, der
ihre dominante Seite akzeptiert, ja sie sogar mag, oder mehr noch,
liebt. Und dann kommt da wieder so eine kleine, zierliche Frau ins
Spiel. Nur diesmal ist es noch schlimmer: wenn Andrea jetzt Nein sagt,
hat sie womöglich das Leben eines anderen Menschen auf dem Gewissen.
Wenn sie aber Ja sagt, wird Xiaoli womöglich untrennbar mit ihrem Freund
verbunden sein. Und sie selbst?
Frank versuchte aufzustehen, und zu ihr zu gehen, aber der Schwindel warf ihn gleich wieder rückwärts auf die Matratze. Ein Glück kam kurz darauf Vanessa. Ich schlug den Damen einen gemeinsamen Spaziergang vor, um das auszudiskutieren, während ich mit Frank ein Männergespräch führte. Vielleicht könnten die Mädels nochmal bei Xiaoli vorbeischauen. So verließen sie, die noch schluchzende Andrea, eingerahmt von Vanessa und Mareike, das Krankenzimmer und ließen mich mit Frank allein.
"Wie siehst du das?", versuchte ich einen Anfang. Ich glaube, ich
kenne Frank lang genug um zu wissen, dass er ein guter Junge ist. Er
liebt Andrea, da bin ich mir sicher. Er hat auch ein kleines
Engelchen-Teufelchen-Problem, zumindest nannte er das auch so. Das
Teufelchen, oder besser gesagt, die männliche Natur, hat natürlich
überhaupt nichts gegen einen weiteren potentiellen Sexualpartner. Das
Engelchen, oder die Vernunft, sagt ihm aber, dass Andrea seine Frau fürs
Leben ist, und er das auf keinen Fall aufs Spiel setzen soll.
Aber in diesem Fall, da hat Andrea recht, spielen sie auch noch mit Xiaolis Leben.
Etwas Anderes hat aber noch keiner von den Beiden bedacht: Konnte
Frank überhaupt noch einmal den Anblick von Xiaoli ertragen, ohne gleich
an den Zombieüberfall zu denken? "Das war ... der blanke Horror! Dieser
Blick, der unmenschliche Schrei und diese kalte, graue Haut.", Frank
musste sich schütteln.
"Und wenn es doch passiert?", fragte Frank, und ich verstand nicht sofort, "Wenn ich irgendwann Xiaoli mehr lieben sollte, als Andrea? Was dann? Ich weiß nicht, ob sie das verkraften würde. Dann hätte ich vielleicht IHR Leben auf dem Gewissen.".
Irgendwie war dieses Gespräch eine Reflexion auch auf mein
eigenes Leben. Spätestens ab dem Zeitpunkt, als Frank mich fragte: "Wie
machst du das mit zwei Frauen?". Liebe ich eine meiner beiden Liebsten
mehr als die Andere? Oder wechselt sich das ab? Oder Liebe ich Vanessa
für das Eine, und Mareike für das Andere? Also zum Beispiel weil Vanessa
so weiblich, sexy, klug und oft auch mein moralischer Kompass ist und
Mareike so ein liebenswertes, freundliches und süßes Ding?
Ich glaube, ein Hauptfaktor für uns ist, dass Vanessa und Mareike
auch Zuneigung, wenn nicht sogar Liebe füreinander empfinden. Also alle
lieben alle.
Aber wer liebt eigentlich Xiaoli?
Xiaolis Arzt unterbrach unser Männergespräch, weil er unbedingt
Franks Probe haben wollte. Für ihn war es irgendwie unverständlich, dass
er das nicht schon längst mit Andrea erledigt hatte.
Frank fragte, ob es auch bis morgen warten könne. Der Arzt war zwar
enttäuscht, gab aber zu, dass sie wahrscheinlich bis Dienstag,
vielleicht Mittwoch, Zeit hätten. Wollte aber trotzdem morgen noch die
Probe haben.
Tja, das war ein interessantes Männergespräch. Kein Bier, keine Autos, keine Karriere- oder Arbeitsthemen. OK, Frauen, aber auf einer ganz anderen Ebene.
Unsere Damen kamen erst, als Frank sein Abendessen schon hinuntergedrückt hatte. Andrea hatte noch immer geschwollene, rotgeweinte Augen, war aber inzwischen soweit gefasst, dass sie wieder durchgängige Sätze sprechen konnte: "OK, wir machen das. Jetzt soll Xioali erst mal leben, alles andere sehen wir später.". Sie vertilgte auch noch schnell ihr Abendessen und schlüpfte dann zu Frank unter die Decke. Das war das Signal für uns, zu verschwinden.
Auf der Heimfahrt haben wir uns natürlich weiter über Andrea,
Frank und Xiaoli unterhalten, und Vanessa und Mareike klärten mich auf,
wie ihr Spaziergang mit Andrea verlief: Andrea heulte wahlweise einmal
wegen Xiaoli und einmal wegen Frank: "Ich kann sie doch nicht sterben
lassen, bei allem, was sie durchgemacht hat.", "Wenn er mich aber wegen
ihr verlassen wird?". "Und wenn ihr zu dritt glücklich werden könntet?",
warf Vanessa ein. Auch die Damen hatten während ihrem Spaziergang eine
Diskussion über Dreierbeziehungen. Den Ausgang davon wollten sie mir
aber nicht verraten, das soll ich gefälligst selbst herausfinden. -
Mädelskram.
Mareike hatte Andrea und Vanessa auch zu Xiaoli geführt und sie
haben sie durch das Fenster beobachtet. Xiaoli saß noch immer an die
aufgestellte Matratze gelehnt auf dem Bett und starrte vor sich ins
Nichts. Eine Krankenschwester ging in das Zimmer, ließ das Bett für die
Nacht herunter und überprüfte nochmal die Geräte. Dann mussten die Drei
leider etwas beobachten, auf das sie so nicht gefasst waren: Xiaoli
wurde wie einem Baby die Windel gewechselt. Das volle Programm,
einschließlich abwischen und eincremen. Mit offenen Mündern standen die
Drei vor dem Fenster und mussten miterleben, wie eine erwachsene Frau in
den besten Jahren wieder gewickelt wurde. Aber klar, wenn sie sich
nicht bewegt, wo soll dann Alles hin? Die Allochondrien haben ihr
wirklich Alles genommen. Beim Rausgehen meinte die Krankenschwester zu
den Dreien nur: "Schade um die Kleine. Ist so ein hübsches Mädchen.".
Dann schaltete das Krankenhaus die Flurbeleuchtung runter in den
Nachtmodus, und Andrea wieder in den Heulmodus.
Heute Abend jedenfalls ist bei uns Ablenkung angesagt. Wenigstens sind die Drei in der Klinik aktuell außer Gefahr. Mareike und Vanessa haben sich für eine leichte Komödie als Abendprogramm entschieden. Ich höre sie immer wieder lachen. Endlich wieder. Na und ich habe mein Tagebuch. Aber für heute ist jetzt auch Schluß. Ich möchte mich nur noch an meine beiden Engel kuscheln. Gute Nacht.
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