10 Januar 2024

Kometenhaft 04 - Intermezzo

Freitag 16. Juni

Ich glaube, ich schütte mich inzwischen zu mit Studium und Arbeit. Irgendwie hilft es, die Gedanken an Vergangenes zu betäuben.

Das bedeutet auf der anderen Seite aber auch Stress: Vormittags in die ein oder andere Vorlesung, dazwischen schon mal vorpauken für die Prüfungen, oder Hausarbeiten erledigen. Nachmittags bis spät abends Arbeit im Labor und dabei noch am Master arbeiten. Irgendwie funktioniert es, zumindest bin ich abends so müde, dass ich einfach ins Bett falle und ohne groß über etwas nachzudenken, einschlafe.

Allerdings hatte ich heute auf den Gängen einen Flashback. In der Ferne sah ich Vanessa und sofort kam wieder alles hoch. Ich war wie fest geeist und konnte mich für eine gefühlte Ewigkeit nicht bewegen. Ich glaube, sie hat mich nicht gesehen. Zumindest hoffe ich es.

Sie war schön wie eh und je, aber ihr Gesichtsausdruck war leer, nicht so strahlend wie früher.

Ich schweife ab. Es ist vorbei. Ich muss es akzeptieren, will es aber nicht.

Anderes Thema (Entschuldigung für den harten Schwenk, aber es muss sein): ein wahrer Lichtblick ist im Anflug: der Komet Phillipos-Mrajolev (Warum haben Russische Wissenschaftler so schwer auszusprechende Namen?) fliegt an der Erde vorbei.

Ich hatte dieses Ereignis in letzter Zeit aus dem Auge verloren. Frank hat mich heute darauf aufmerksam gemacht, in der Hoffnung, dass mich das ein wenig aufheitert. Er hatte Recht.

Nein, wirklich, ich interessiere mich schon seit vielen Jahren hobbymäßig für Astronomie und warte seit je her, dass Beteigeuze zur Supernova wird.

Aber bis dahin wird mir Phillipos-Mrajolev die Zeit versüßen. Er ist ein hyperbolischer Komet, das heißt, er wird nur einmal durch das Sonnensystem fliegen, und danach wieder in der Unendlichkeit des Alls verschwinden. Dazu kommt noch, dass er sehr dicht an der Erde vorbeifliegen wird, gerade mal 500.000km und seine Bahn kreuzt dabei die Erdumlaufbahn vor der Erde. Das bedeutet, dass kurz nach seiner größten Annäherung (ca. 4,5h danach) auch noch mit einem grandiosen Sternschnuppen-Feuerwerk zu rechnen ist. Ich freue mich schon wahnsinnig auf dieses Ereignis. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ist es so weit. Ich habe schon mal vorsorglich alle möglichen Termine am Mittwoch abgesagt, denn diese Nacht werde ich bestimmt nicht schlafen, den Tag darauf aber bestimmt.

Außerdem gibt mir dieses Ereignis noch weitere Möglichkeiten der Ablenkung: ich muss auf Shopping-Tour: Einen Liegestuhl besorgen, Schlafsack, Knabberzeug und Getränke. Und da Frank und Andrea mich begleiten wollen, brauche ich wohl extra große Portionen. Auch wenn ich bezweifle, dass sie von dem Kometen viel mitbekommen werden, so wie die immer aufeinander hängen.

Das Wochenende werde ich jetzt aber erst mal wieder nutzen für Nachforschungen und Schreibarbeit für meine Master-Arbeit. Wie öde. Aber wenigstens habe ich meine Ruhe, nachdem Frank und Andrea jeweils zu ihren Eltern fahren wollen (der Schmutzwäsche-Berg ist wohl zu groß geworden). Lediglich Mareike ist noch da, aber die wird sich hoffentlich wie immer in ihrem Zimmer einschließen.

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